Interview: Nina Ruge
In der Blog-Reihe „energieheld fragt – Experten antworten“, interviewt energieheld regelmäßig Experten aus den verschiedensten Bereichen. Diverse wichtige Punkte zur Technik, zum alltäglichen Umgang mit Energie oder zur aktuellen energiepolitischen Lage werden angesprochen. Anschließend wird ein Ausblick auf Trends sowie Tipps, wie im Alltag etwas für die Umwelt getan werden kann gegeben. Zu Wort kommen Blogger, Politiker, Unternehmen, Prominente und viele mehr.
Zu Gast: Moderatorin Nina Ruge
Nina Ruge studierte an der technischen Universität Braunschweig. Von 1980 -1987 war sie Lehrerin an einem Wolfsburger Gymnasium – erst Referendarin, dann Studienrätin für Deutsch und Biologie. 1988 war Nina Ruge als Redakteurin/Autorin von Filmbeiträgen und als Moderatorin des Nachrichtenmagazins „Abendjournal”, später des „RIAS tv Frühstücksfernsehens” – des ersten journalistischen tv-Morgenprogramms Deutschlands tätig. 1989 wurde sie vom ZDF „entdeckt” und stieg als Co-Moderatorin im ZDF „heute journal” ein. Anfang 1994 übernahm Nina Ruge die Moderation der Hauptnachrichtensendung „Deutsche Welle-tv-journal”.
Als das ZDF das werktägliche Nachrichtenmagazin „heute Nacht” startete – die personalisierte Sendung mit Nina Ruge – gab sie ihr Deutsche-Welle-Engagement auf. Für das „heute journal“ und für „heute Nacht“ arbeitete sie 10 Jahre. 1997 startete Nina Ruge das tägliche ZDF-Unterhaltungsjournal „Leute heute”. Im Februar 2007 beendet Nina Ruge ihre Moderatorentätigkeit bei „Leute heute” und verabschiedete sich nach 10 Jahren. Seitdem moderiert sie bei ARD, ZDF und phoenix.
Sie diskutierte im einstündigen Talkformat „Wissenschaftsforum Petersberg“ von 2005 bis 2010 mit Vertretern aus Wissenschaft, Forschung und Praxis. Schwerpunkt ihrer freiberuflichen Tätigkeit sind Kongress- und Kolloquium- Moderationen in den Bereichen Wirtschaft, Technologie und Politik. Am 30.11.2012 wurde sie zur “Nationalen UNICEF-Botschafterin Deutschland” ernannt.
Nina Ruges parallele Tätigkeiten in den Bereichen Politik und Wirtschaft waren für energieheld ein Grund unter vielen, sie unbedingt interviewen zu wollen. Besonders spannend ist für uns ihr Engagement beim Umweltschutz z. B. bei Aktion Klima! mobil oder als Schirmherrin der Kampagne „Wärmewechsel“ der Agentur für Erneuerbare Energien. 2013 hat Nina Ruge das Bundesverdienstkreuz am Bande erhalten und 2014 moderierte sie den Energieeffizienzgipfel in Stuttgart.
energieheld: Hallo Frau Ruge, schön dass Sie sich Zeit genommen haben.
Thema: Die eigene Solarthermieanlage
„Das ist technisch völlig unproblematisch, erfordert geringen Wartungsaufwand und hat die Energiekosten deutlich gesenkt.“
energieheld: Sie besitzen eine Solarthermieanlage für Warmwasser und Heizung. Konnten Sie ihre Nachbarn und Freunde schon überzeugen, sich ebenfalls mit erneuerbaren Energien zu versorgen?
Nina Ruge: … letztens haben sich Freunde von mir, meine neue Luft-Wärme-Pumpe zur Poolheizung angeschaut – die gar keinen Lärm macht. Sie waren so begeistert, dass sie sich sofort eine bestellt haben.
energieheld: Welche Erfahrungen haben Sie bei der Nutzung ihrer Solarthermieanlage gemacht?
Nina Ruge: Wir haben unser Haus in München energetisch saniert (Auslöser war, dass ich seit vier Jahren den „dena Energieeffizienz-Kongress“ moderiere und enorm sensibilisiert bin) – im Zuge dessen haben wir Solarthermie-Kollektoren auf das Dach gesetzt und erzeugen unser heißes Wasser sowie einen kleinen Teil der Heizleistung selbst. Das ist technisch völlig unproblematisch, erfordert geringen Wartungsaufwand und hat die Energiekosten deutlich gesenkt.
Thema: Energieeffizienz und neue Technologien
„Jeder spricht über Photovoltaik und Windräder – niemand über das Potenzial der Energieeffizienz.“
energieheld: Warum haben Sie sich für die Nutzung erneuerbarer Energien entschieden? Aus ökonomischen oder aus ökologischen Gründen?
Nina Ruge: Energieeffizienz ist nach wie vor das Mauerblümchen der Energiewende. Jeder spricht über Photovoltaik und Windräder – niemand über das Potenzial der Energieeffizienz. Ich setze mich aus Überzeugung dafür ein, dass dieses Thema öffentlich mehr Raum gewinnt. Ich möchte meinen Anteil leisten zum Umweltschutz – und nebenbei die Kosten senken!
energieheld: Sind Sie generell aufgeschlossen gegenüber neuen Technologien, egal aus welchem Bereich?
Nina Ruge: Sehr! Ich fürchte, dass wir in Deutschland eine gewisse Technologie-Ängstlichkeit entwickelt haben. Nano-Technolgie, Gen-Technologie, Fracking – nein danke! Silicon Valley in Deutschland? Undenkbar! Jede neue Technologie birgt Risiken, und die darf man keinesfalls unter den Teppich kehren – denen muss Rechnung getragen werden. Aber unser Standort Deutschland wird nur weiterhin erfolgreich unseren Lebensstandard sichern, wenn wir neue Technologien verantwortungsbewusst entwickeln und nutzen.
Thema: Energieeffiziente Unternehmen
„Mehr Markt bitte, aber vom Staat gezielt und intelligent gefördert!“
energieheld: Jetzt wollen wir etwas tiefer in die Materie eintauchen. Auf dem Effizienzgipfel in Stuttgart im Juli 2014 sprachen Sie mit Vertretern aus Industrie, Verbänden und Politik über das Thema „Energieeffizienz: Brauchen wir mehr Markt oder mehr Staat?“ Das klingt in der Tat sehr interessant. Worüber wurde am heftigsten diskutiert? Und gab es ein Ergebnis?
Nina Ruge: Das Thema war „Energieeffizienz in der Produktion“ – eingeladen waren entsprechend vor allem mittelständische Unternehmer – also war der Tenor klar: Mehr Markt bitte, aber vom Staat gezielt und intelligent gefördert! Wir brauchen zum Beispiel eine starke Forschung und Entwicklung in diesem Bereich – wieso nicht private-public organisieren? Zudem wurde die Forderung laut, die bestehenden Förderungen zu vereinfachen. Durch diesen Paragraphen-Dschungel findet kein Normalsterblicher hindurch. Zudem wurde der Wunsch nach zertifizierten Energieberatern laut – kaum ein Unternehmen ist technologisch so gewieft, dass es die optimale Effizienzsteigerung der Produktion ohne professionelle Unterstützung leisten kann. Der anwesende Vertreter des Wirtschaftsministeriums – das ja für die Energiewende zuständig ist – hielt sich allerdings sehr zurück…
Thema: Engagement des Einzelnen
„Steuererleichterungen bei energetischer Sanierung – das würde den Bürger motivieren!“
energieheld: Im Rahmen des Effizienzgipfels ging es um ökologische Maßnahmen, die Unternehmen ergreifen. Energieeffizientes Handeln wird häufig auch aus ökonomischen Gründen für die Industrie sinnvoll. Das würde bedeuten, ökonomische Anreize herausstellen um die Motivation zum ökologischen Handeln zu stärken. Frau Ruge, Sie engagieren sich stark für soziale Projekte, was würden Sie sagen, wie kann der Einzelne Bürger motiviert werden, sein Handeln energieeffizient auszurichten?
Nina Ruge: WENIG Staat, viel Anreiz! Sie erleben ja jetzt, wie groß die Entrüstung ist zum Thema Ökodesign-Richtlinie der EU. Jetzt wollen Sie uns auch noch unsere leistungsstarken Staubsauger wegnehmen??? Damit killt man ein wichtiges Thema wie dieses. Nein: Steuererleichterungen bei energetischer Sanierung – das würde den Bürger motivieren!
Thema: Energiewende in Deutschland
„Langsamer und MIT der Wirtschaft in die Energiewende – nicht gegen sie!“
energieheld: Nach den Gesprächen im Rahmen der Gesprächssendung „Forum Manager“, mit den unterschiedlichsten Vertretern aus der Wirtschaft, bitten wir um eine Einschätzung. Wo befinden wir uns mit der Energiewende, wie weit ist der Weg noch? Können Sie unsere aktuelle Lage verorten?
Nina Ruge: Der Herbst könnte wieder recht stürmisch werden. Viele der Projekte, vor allem die notwendigen HGÜs (Hochspannungs-Fernleitungen) stoßen auf massiven Widerstand der Bevölkerung, Energiekonzerne verklagen die Bundesregierung auf Milliarden, die Strompreise steigen weiter – und die Energieversorgung scheint mittelfristig nicht 100 prozentig gesichert.
Meine Meinung: Langsamer und MIT der Wirtschaft in die Energiewende – nicht gegen sie!
energieheld: Was kann der Einzelne für die Energiewende tun? Gibt es einen alltäglichen Klimaschutz? Was sind Ihre Energiespar-Tipps?
Nina Ruge: Der wichtigste Tipp meines Erachtens: Sich mit einem Energieberater des örtlichen Stromversorgers treffen und den gesamten Haushalt checken. Außerdem natürlich die allseits bekannten Energiespartipps tatsächlich UMSETZEN!
energieheld: Liebe Frau Ruge, vielen Dank für das Gespräch.
Liebe LeserInnen,
für die Moderatorin und Journalistin Nina Ruge sind zwei Strategien wichtig, um mehr Energieeffizienz in Deutschland zu erreichen. Erstens sollte Deutschland mehr Geld und mit mehr Mut in neue Technologien investieren. Das bedeutet auch, sich konkret mit Chancen und Risiken von Fracking auseinanderzusetzen.
Zweitens ist Nina Ruge das Engagement des Einzelnen für den Umweltschutz besonders wichtig. Um Bürger-Engagement zu fördern fordert sie, mehr staatliche Anreize bei z. B. Projekten zur energetischen Gebäudesanierung zu schaffen. Das ist richtig finden wir, denn nur so kann umdenken auch belohnt werden!
Quellen:
Titelbild: Pixabay.com © mavo