Durchschnittliche Wärmeverluste im Haus
Von Carlo FörsterBeim Stichwort Energiesparen denken viele Leute vor allem an Strom: Ausschalten statt Stand-By, Energiesparlampen statt Glühbirnen, das Licht ausschalten, wenn es nicht gebraucht wird.
Fakt ist aber: Beim größten Teil der Energie, die verwendet wird und die „verloren“ geht, handelt es sich um Wärme, also Energie, die zum Heizen und für das Warmwasser genutzt wird. Im Folgenden werden wir hier einmal genauer untersuchen, wo die größten Wärmeverluste eines Hauses entstehen – und wie viel Energie und damit Geld man dort durch eine Sanierung einsparen kann.
Energie sparen durch Minimierung der Wärmeverluste
Energieeinsparungen sind nicht nur gut für die Umwelt, sondern entlasten auch in großem Maß den Geldbeutel. Gerade die Heizkosten haben einen großen Anteil an den Ausgaben, die für ein Eigenheim oder eine Immobilie allgemein anfallen. Eine Wärmedämmung oder andere Arten der energetischen Gebäudesanierung lohnen sich langfristig daher auch finanziell. Leider sind die Kosten für die meisten Maßnahmen doch recht hoch, und viele Eigenheimbesitzer haben kaum die Mittel, das gesamte Haus energetisch auf den neuesten Stand der Technik zu bringen.
Was ist also zu tun? Das Dach dämmen oder doch die Fassade? Oder vielleicht lieber die Fenster austauschen oder eine moderne Heizung einbauen?
Allgemeine Aussagen eher unrealistisch – das individuelle Gebäude entscheidet
Die naheliegendste Möglichkeit ist die, sich erst mal auf die Sanierungsmaßnahme zu konzentrieren, welche die größten Einsparungen verspricht. Im Internet finden sich zahlreiche anschauliche Abbildungen, die den Wärmeverlust eines Hauses zusammenfassen wollen. Der Haken an der Sache: Es gibt so viele Angaben, und sie alle stellen sich unterschiedlich dar. Bei einer verursacht die Außenwand gar die Hälfte des gesamten Wärmeverlustes, bei einer anderen ist es das Dach oder sind es die Fenster. Das fast noch größere Problem: Obwohl die Zahlen alle so verschieden sind, ist keine dieser Angaben zwangsläufig falsch. Wie viel Wärme an welcher Stelle verloren geht, hängt von vielen Faktoren ab, wie dem Heizverhalten und natürlich dem Zustand, in dem sich die verschiedenen Bestandteile des Hauses befinden. Ein Haus mit einer guten Fassaden- oder Dachdämmung wird über diese Stellen natürlich niedrigere Wärmeverluste zu verbuchen haben als solche, in denen diese nach dem Standard von vor 60 Jahren gebaut und seitdem auch nicht erneuert oder saniert wurden.
Leider sind die meisten Infografiken und -texte im Netz zum Energieverlust von Häusern nicht mit erklärenden Angaben versehen, die helfen zu erkennen, wie das Gebäude beschaffen ist, also warum der Wärmeverlust der verschiedenen Gebäudeteile so ist, wie er angegeben wird. Nicht selten ist sogar eine gewisse Tendenz des Herausgebers zu erkennen, eben je nach Tätigkeitsbereich des Unternehmens liegt das größte Potenzial eben hier oder dort. Eine unabhängige Einschätzung ist schwer zu finden.
Realistischere Annäherung: Ein Beispielhaus muss her
Aus diesem Grund haben wir von Energieheld uns entschieden, eine eigene, unabhängig recherchiert und berechnete Übersicht über den Wärmeverlust eines Hauses zu erstellen, und zwar auf Basis des Energieheld-Beispielhauses.
Das Energieheld-Beispielhaus
Damit man als Eigenheimbesitzer da draußen auch eine Basis hat, auf der man das eigene Heim vergleichen kann, haben wir hier kurz aufgelistet, wie dieses Energieheld-Haus beschaffen ist:
Das energieheld-Beispielhaus (Flächen) | |
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Fassadenfläche | 120 m² |
Dachfläche | 140 m² |
Fensterfläche | 20 m² |
Kellerfläche | 60 m² |
Das energieheld-Beispielhaus (innerer Aufbau der Bauteile) | |
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Fassade: | Zweischaliges Mauerwerk, 5 cm Hohlschicht, Vollziegel |
Dach: | 5 cm Zwischensparrendämmung |
Fenster: | Kunststoffrahmen, Doppelverglast |
Kellerdecke: | Beton, 2 cm Trittschalldämmung |
Heizungssystem: | Niedertemperatur-Gaskessel |
Zur Berechnung haben wir U-Werte zugrunde gelegt, die vom unabhängigen, öffentlich finanzierten Institut Wohnen und Umwelt (IWU) veröffentlicht wurden. Auch die Werte, aus denen die Angaben für die Heizung berechnet wurden, stammen aus dieser Quelle (https://www.iwu.de/fileadmin/u...). Alle anderen Werte, die verwendet wurden, entstammen dem Beispielhaus selbst. Wir versuchen hier so nah an den realen Durchschnittswerten zu sein wie nur möglich. Falls jemand validere Daten hierzu hat, bitte kontaktiert uns.
Die „echten“ Wärmeverluste eines Hauses
Kommen wir nun aber zu den Ergebnissen: Den größten Wärmeverlust beim energieheld-Haus hat die Fassade zu verantworten. Hier werden gut 30 Prozent des gesamten Wärmeverlustes nach außen an die Umwelt abgegeben.
Dicht gefolgt wird die Außenwand vom Dach. Durch dieses entweichen 20 Prozent der Wärme aus dem Haus.
Bei dem Energieheld-Beispielhaus versuchen wir ein möglichst durchschnittliches Haus zu Grunde zu legen. Hierbei geht die meiste Wärme über die Fassade und das Dach verloren.
Auch die Heizung selbst, die die Wärme für das Haus erzeugt, ist häufig für einigen Energieverlust verantwortlich. Gerade alte Heizungen können den Brennstoff erstens nicht so effizient in Wärme umwandeln wie moderne Geräte und sind zweitens zumeist nicht in der Lage, sich an einen sich ändernden Wärmebedarf anzupassen, z.B. im Sommer oder bei längerer Abwesenheit. Auch wenn sich letzteres kaum messen lässt, durch die Ineffizienz alter Heizungen allein gehen gut 14 Prozent der Energie verloren. Bei einem hoffnungslos veralteten Konstanttemperaturkessel kann die dadurch „verlorene“ Energie im schlimmsten Fall sogar weit mehr das Doppelte betragen.
Durch den ungedämmten Keller und die Fenster entweichen nochmal jeweils 11 bis 12 Prozent. Etwas, was zwar nicht direkt zum Gebäude gehört, jedoch auch eine bedeutsame Größe beim Energieverlust darstellt, ist falsches Lüften der Räume, durch das bei unserem Energieheld-Haus 12 Prozent der Energie verloren gehen.
Einsparmöglichkeiten für die verschiedenen Bereiche
Allerdings sind nicht nur die Anteile am Energieverlust eines Hauses entscheidend dafür, welche Bauteile saniert werden sollte, sondern auch, welche Einsparungen möglich sind. Zu diesem Zweck haben wir einmal dargestellt, wie viel Einsparungen bei diesem Beispielhaus bei welcher Modernisierungsmaßnahme erreicht würden.
Sanierung auf EnEV-Standard
Natürlich gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, das Eigenheim zu sanieren. Welche man letztendlich auswählt, ist natürlich abhängig von den eigenen Wünschen für sein Eigenheim. Als Orientierung kann man hier die Energieeinsparverordnung (EnEV) heranziehen. Sie gibt das gesetzliche Minimum an, welches bei der Sanierung eingehalten werden muss. Auf dieser Verordnung basiert auch die erste Hälfte unserer Angaben zum nun folgenden Einsparpotential.
Sanierung auf KfW-Standard
Für diejenigen, die noch mehr Wert auf energetische Sanierung legen, haben wir eine weitere Reihe zusammengestellt. Diese stellt die Einsparungen bei Einhaltung der KfW-Standards ein. Die KfW ist die „Kreditanstalt für Wiederaufbau“. Sie legt etwas höhere Standards fest, und hat einen großen Vorteil: Wenn ihre Standards erreicht werden, stellt sie attraktive Zuschüsse in Höhe von mindestens 10 Prozent zur Verfügung, sodass man zusätzlich zu den dauerhaft niedrigeren Heizkosten auch noch einen Teil der Investitionssumme zurückbekommt! So kann sich eine etwas höhere Investition noch schneller rentieren als gedacht.
Potenzial der Energieeinsparungen je Bauteil nach Sanierung
Im Folgenden zeigen wir die Energiesparpotentiale durch entsprechende Maßnahmen der Gebäudesanierung auf. Die Zahlen geben an, um wie viel Prozent der Energieverlust der Bauteile an die Umwelt verringert werden kann, wenn die entsprechenden Standards (EnEV oder KfW) erreicht werden, berechnet über die jeweiligen Wärmedurchgangskoeffizienten, den sogenannten U-Wert.
Bauteil-Sanierung | Energieeinsparung (EnEV-Standard) |
Energieeinsparung (KfW-Standard) |
---|---|---|
Außenwand | 75 % | 75 %* |
Dach | 70 % | 83 % |
Fenster | 57 % | 68 % |
Keller | 70 % | 75 % |
Heizung | 64 % | 64 % |
*Besonderheit: Hohlschichtdämmungen mit Dämmstoffen der Wärmeleitgruppe 035, erfüllen stets die KfW-Anforderungen.
Wenn man die Einsparungen nun einmal betrachtet, fällt auf, dass alle Zahlen ziemlich hoch sind. Das liegt natürlich daran, dass sie sich immer nur auf den vorherigen Wärmeverlust beziehen. Diesen muss man natürlich beachten, wenn man herausfinden möchte, mit welchen Einsparungen man absolut zu rechnen hat.
Energieeinsparung (finanzielle Betrachtung)
Bei unserem energieheld-Beispielhaus wären das für die unterschiedlichen baulichen Bereiche des Hauses die folgende jährliche Heizkostenersparnis:
Bauteil-Sanierung | Ersparnis bei EnEV-Standard | Ersparnis bei KfW-Standard |
---|---|---|
Außenwand | 585 €/a | 684 €/a |
Dach | 382 €/a | 450 €/a |
Fenster | 166 €/a | 200 €/a |
Keller | 204 €/a | 219 €/a |
Heizung | 22 €/a | 222 €/a |
Gesamt | 1.551 €/a | 1.775 €/a |
Und das jedes Jahr aufs Neue. Wir legen hier einen jährlichen Heizwärmebedarf von 35.000 Kilowattstunden und eine gasbetriebene Heizung zu Grunde, denn diese stellt die in Deutschland immer noch am weitesten verbreitete Heizung dar. Mit einer zusätzlichen Solarthermieanlage würden sich vor allem die Ersparnisse der Heizung noch weiter erhöhen.
Natürlich kann man noch viel mehr und auch „besser“ dämmen, allerdings bringen diese zusätzlichen Maßnahmen ab einem gewissen Niveau kaum noch Verbesserungen mit sich, und zahlen sich zumindest Finanziell nicht mehr aus.
Richtiges Lüften – Energieeinsparung auch ohne Sanierung möglich
Auch ohne Sanierungsmaßnahmen lässt sich Wärmeenergie einsparen. Vor allem durch das persönliche Lüftungs-Verhalten: Das Lüften kann zwar nicht direkt „saniert“ werden, durch kleine Änderungen der alltäglichen Handlungsweisen kann jedoch ein nicht unbedeutender Teil eingespart werden. Alternativ kann auch ein Lüftungssystem angeschafft werden, das die optimale Lüftung selbstständig erledigt. Diese gibt es heutzutage sogar mit Wärmetauschern, sodass die Wärmeverluste noch weiter reduziert werden können.
Wie man sieht, können gerade bei alten Häusern immense Energieeinsparungen erzielt werden, unabhängig von der spezifischen Sanierungsmaßnahme. Am lohnendsten ist in diesem Beispiel - und nach unserer Erfahrung bei älteren Häusern so gut wie immer - trotzdem vor allem die Dämmung der Außenwand.
Wirtschaftlichkeit: Was lohnt sich am meisten?
Das Letzte, was man noch zur Entscheidungsfindung heranziehen kann, ist nun das Verhältnis von Einsparungen und Investitionskosten. Natürlich wäre es ideal, alles auf einmal zu sanieren, aber häufig ist das Geld nicht im Übermaß vorhanden, und Modernisierungsmaßnahmen sind teuer. Deshalb ist es auch nur gut und recht, sich zuerst auf die Maßnahmen zu konzentrieren, die die besten Verbesserungen bringen, und das zum besten Kosten-/Nutzen-Verhältnis.
Wie man den „Nutzen“ jedoch im Detail beurteilt, ist gar nicht einmal so einfach: Kellerdämmungen kosten nicht viel, allerdings hat der Boden auch einen relativ geringen Anteil am Gesamtwärmeverlust des Hauses. Dach- oder Fassadendämmungen im Gegensatz sind eher teuer, reduzieren die Gesamtwärmeverluste aber auch immens. Persönliche Vorlieben und Ziele bestimmen hier natürlich, um was man sich am liebsten kümmern würde, objektiv lässt sich die Sinnhaftigkeit einer Maßnahme aber am besten von Experten der Baubranche beurteilen, nachdem eine genauere Vor-Ort-Begutachtung des Gebäudes stattgefunden hat. Grundsätzlich sind besonders Einblasdämmungen in die oberste Geschossdecke (Dachboden) extrem sinnvoll. Hier kann man mit relativ geringen Kosten, schon viel Energiekosten einsparen.
Eine etwas schnellere erste Einschätzung können Sie über unseren energiecheck erlangen. Er ermittelt auf Basis Ihrer persönlichen Gebäudedaten das Einsparpotential an Energiekosten und CO2-Emission. Probieren Sie es einmal.
Fazit: Kennen Sie ihr Haus - sanieren Sie sinnvoll
Natürlich gelten diese Durchschnittswerte nicht ausnahmslos für alle Gebäude gleichermaßen. Die Faustregel bleibt weiterhin: Jedes Haus ist individuell. Wenn ihr Haus z.B. vom Grundriss eher langgezogen oder verwinkelten ist, besitzt es viel Außenwand-Fläche, über die auch viel Wärme verloren gehen kann. Besitzt ihr Haus kaum Fensterfläche in beheizten Räumen oder sind diese bereits halbwegs modern, fällt dieser Punkt aus der Energieverlust-Rechnung eher heraus. Trotzdem sind diese Werte hier gute Orientierungspunkte für ein durchschnittliches Einfamilienhaus. Für eine genauere Einschätzung Ihrer individuellen Situation ist es aber notwendig, sich Ihr Haus gezielt anzusehen. Im Zweifelsfall lohnt sich ein Energieberater, der Hausbesitzern eine detaillierte, realistische Einschätzung ihres Eigenheims liefert und sie dabei unterstützt, eine geeignete Sanierungsmaßnahme für ihr Eigenheim zu finden.
Egal, wie man sich letztendlich entscheidet, eines ist jedenfalls sicher: Gerade bei alten Häusern sind immense Energieeinsparungen möglich, und das unabhängig von der Sanierungsmaßnahme, für die man sich entscheidet. Wichtig ist nur, DASS man etwas tut, denn modernisieren lohnt sich in den meisten Fällen!
Zum Autor: Carlo Förster
Carlo Förster ist seit 2019 in der digitalen Welt zu Hause und seit 2021 für Energieheld tätig. Verantwortlich ist er nicht nur für die Optimierung der Webseite, er klärt Leser auch mit Begeisterung über den Klimaschutz sowie Energieeffizienz auf. Dafür steht er immerzu im Austausch mit unseren Energieberatern und Sanierungsmanagern. Hier gelangen Sie zu Carlo’s LinkedIn Profil.