Biogasanlage

Biogas: Hoffnungsträger oder Auslaufmodell?

Lange galt Biogas als Heilsbringer der grünen Wende. Nahezu CO2-neutral können Biogasanlagen unter Berücksichtigung ihres gesamten Lebenszyklus Strom und Wärme produzieren. So könnten sie auch helfen, Gasheizungen grün zu machen. Doch im Zuge des Aufstiegs von grünem Wasserstoff und dem Ausbau anderer erneuerbarer Energien wie Wind- und Solarkraft steht Biogas vor neuen, gewichtigen Herausforderungen. Die zentrale Frage, die sich stellt: Hat Biogas in dieser sich wandelnden Energielandschaft noch eine Zukunft?

Deutschland will bis 2045 klimaneutral werden. Dieses Ziel fordert einen drastischen Anstieg im Anteil Erneuerbaren Energien. Als Schlüssel wird oft vor allem grüner Wasserstoff präsentiert. Währenddessen wird es um Biogas immer ruhiger.

Einst galt Biogas als wichtiger Baustein der Energiewende. Der erneuerbare Energieträger entsteht durch die Vergärung von organischen Materialien wie Biomasse oder landwirtschaftlichen Abfällen. Es bietet eine doppelte Möglichkeit zur Energiegewinnung: Strom und Wärme – ein Traum für die Umwelt. Doch die Branche steht vor Herausforderungen, die ihre Zukunft ungewiss machen.

Nachteile von Biogasanlagen

Seit mittlerweile fast 40 Jahren gibt es Biogasanlagen in Deutschland im großen Stil. Genauso lange stellt sich die Frage: Sind die Anlagen Fluch oder Segen?

Energie aus Abfall – das war die ursprüngliche Idee der Biogasanlage. Mittlerweile stammen nur noch etwa zwanzig Prozent der eingesetzten pflanzlichen und tierischen Stoffe aus Bio-Abfällen und Gülle.

Ein Großteil der Biomasse besteht heute aus Energiepflanzen. Diese werden speziell dafür angebaut, um aus ihnen Biogas zu produzieren. In Deutschland handelt es sich dabei häufig um Mais. Doch der braucht Platz. Im Jahr 2021 machten nachwachsende Rohstoffe für die Biogasproduktion etwa neun Prozent der gesamten Landwirtschaftsfläche Deutschlands aus. So werden Ackerflächen beansprucht, die sonst für die Lebens- und Futtermittelproduktion genutzt werden könnten. Zudem bemängeln Naturschützer, dass Mais oft in Monokulturen angebaut werde, was sich wiederum negativ auf die Artenvielfalt im Ökosystem auswirke.

Außerdem gelangen – anders als bei Windkraft oder Solarenergie – bei Biogasanlagen Treibhausgase in die Atmosphäre. Vor allem Methan und Lachgas können entweichen, die um ein Vielfaches klimaschädlicher sind als CO2.

Während Biogas auf die Vergärung organischer Materialien angewiesen ist und bei seiner Produktion Treibhausgase wie Methan und Lachgas freisetzen kann, verspricht grüner Wasserstoff eine nahezu emissionsfreie Alternative, sofern er mittels erneuerbarer Energien gewonnen wird. Zudem erfordert der Anbau von Energiepflanzen für Biogas wertvolle Ackerflächen, die anderen Zwecken entzogen werden. Diese Problematik wird bei der Wasserstofferzeugung umgangen, da sie nicht direkt auf landwirtschaftliche Flächen angewiesen ist.

Biogas: Warum stirbt die Branche aus?

Seit einigen Jahren kämpfen Biogasanlagen ums Überleben. Die Förderung für Biogasanlagen läuft bei vielen Landwirten gerade aus. Der Betrieb rechnet sich dadurch kaum mehr. Eine Anschlussförderung gibt es zwar, allerdings erhielten diese etwa nur ein Drittel der Bewerber. Hinzu kommt, dass die Landwirte die Anlagen modernisieren müssen. Das kostet zusätzlich Geld.

Immer öfter ist von einem Biogas-Sterben die Rede. Laut Landesverband Erneuerbare Energien Niedersachsen/Bremen (LEE) droht etwa zwei Dritteln der Biogasanlagen in Niedersachsen das Aus. Laut einer Umfrage von CARMEN (Centrales Agrar-Rohstoff Marketing- und Energie-Netzwerk) wollen auch in Bayern ein Drittel der Biogasbauern aufhören.

Währenddessen erstarkt die Konkurrenz von Biogas: Mit dem zunehmenden Ausbau von Wind- und Solarenergie geraten Biogasanlagen in Konkurrenz zu diesen Technologien, insbesondere wenn sie mit höheren Kosten verbunden sind oder weniger effizient arbeiten.

Biogas: Chancen

Doch Biogas hat das Potenzial, eine Ergänzung zu anderen erneuerbaren Energien zu sein, insbesondere durch seine Fähigkeit, Energieversorgungslücken zu schließen. Denn Biogas kann, was andere Erneuerbare häufig nicht können: Es liefert auch in Dunkelflauten oder im Winter zuverlässig Energie und so Schwankungen im Stromnetz ausgleichen. Im Gegensatz zu Solar- oder Windkraft kann Biogas zu jeder Tages- und Jahreszeit Energie liefern, egal ob die Sonne scheint, es regnet oder stürmt.

Die Bundesregierung hat die Bedeutung von Biogas erkannt und Fördermaßnahmen wie den Flexibilitätszuschlag bzw. die Flexibilitätsprämie eingeführt, um die Anpassungsfähigkeit von Biogasanlagen an den Bedarf des Stromnetzes zu verbessern. Es handelt sich um einen finanziellen Anreiz, um Biogasanlagen flexibler zu betreiben. Betreiber sollen so in der Lage sein, ihre Biogasproduktion je nach Bedarf im Stromnetz zu steuern, um Engpässe auszugleichen oder Überschüsse abzubauen. So können Biogasanlagen die Netzstabilität verbessern und eine nachhaltige Stromversorgung gewährleisten.

Darüber hinaus lassen sich natürlich noch viele weitere Vorteile auflisten, unter anderem die kurzen Transportwege und gute Verfügbarkeit.

Biogas & Biomethan: Rettung für Gasheizungen

Verstärkt auf Biogas zu setzen – das könnte auch die Rettung von Millionen von Gasheizungen sein, die gerade vor dem Aus stehen. Dieser Ansicht ist zumindest der Fachverband für Biogas. Im Auftrag der WELT berechnete der Fachverband das Potenzial von Biogasanlagen.

Denn die Gasheizung, wie wir sie kennen, steht vor dem Aus. Das Heizungsgesetz – offiziell Gebäudeenergiegesetz – sieht vor, fossile Brennstoffe in Heizsystemen nach und nach zu eliminieren. Der Ausweg: Biomethan, das durch die Aufbereitung von Biogas gewonnen wird, könnte fossile Gase in Heizungen ersetzen und so die Umstellung auf klimaneutrale Heizsysteme unterstützen.

Das Ergebnis des Fachverbands für Biogas: Mehr als 7 Millionen Haushalte könnten 2030 mit Biomethan beheizt werden.

Fazit

Noch ist Biogas ein wichtiger Bestandteil des deutschen Energiemixes. Fast 10.000 Biogasanlagen versorgen etwa 9 Millionen Haushalte in Deutschland derzeit mit Strom. So decken sie mehr als 5 Prozent des deutschen Stromverbrauchs ab. 

Die Zukunft von Biogas hängt aber vor allem auch von politischen Entscheidungen und der Förderpolitik ab. Sie bestimmt die Zukunft bestehender Anlagen und die Rolle von Biogas im Spektrum erneuerbarer Energien.

Bildverzeichnis
Titelbild: pixabay.com © JanNijman | Biogas, Güllevergärung, Düngen.

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