Änderung der BEG: Neubau-Förderung für Effizienzhaus KfW 55 entfällt ab Februar 2022
Die KfW 55 Förderung für Neubauten ist in Deutschland aktuell sehr beliebt und wird besonders häufig genutzt. Etwa ein Drittel aller Förderanträge wurde für die Effizienzhaus-Stufe KfW 55 im Neubau gestellt. Vor allem bei jungen Familien scheint sie sehr beliebt zu sein.
Doch nun hat das Bundesministerium für Wirtschaft (BMWi) bekanntgegeben, dass die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) geändert wird. Dadurch wird die Förderung für das Effizienzhaus KfW 55 im Neubau ab 01.02.2022 eingestellt.
KfW 55: Was ändert sich?
Bislang konnte man im Neubau auf eine Förderung für die Effizienzhaus-Standards KfW 55, KfW 40 und KfW 40 Plus zugreifen. Die Förderung für den Effizienzhaus-Standard KfW 55 für Neubauten läuft nun zum 01.02.2022 aus. Betroffen sind auch die KfW 55 Erneuerbare Energien-Klasse und die KfW 55 Nachhaltigkeits-Klasse für Neubauten. Die Klassen KfW 40 und KfW 40 Plus bleiben jedoch von den Änderungen unberührt.
Das bedeutet, dass Anträge auf Förderung bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) nur noch bis zum 31.01.2022 gestellt werden können. Dabei ist das Antragsdatum entscheidend. Als Begründung gab das BMWi an, man wolle sich lieber auf die Sanierung des Gebäudebestands konzentrieren. Diese gehe viel zu langsam voran und müsse unbedingt forciert werden. Nur so lasse sich genügend CO2 einsparen um die im gerade novellierten Klimaschutzgesetz (KSG) formulierten, verschärften Klimaziele zu erreichen. Das KfW 55 Effizienzhaus hätte sich dagegen im Neubau als Standard etabliert.
Kritik am Ende der Förderung für KfW 55 im Neubau
Heftige Kritik zum Förderstopp kommt von verschiedenen Seiten. Sowohl der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft (GdW) als auch der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) bemängeln, dass die Kosten zum Erreichen der nächsthöheren Effizienzhaus-Stufe KfW 40 überproportional hoch seien.
Diese stünden in keinem Verhältnis zum eingesparten CO2. Zudem sei die Förderung für Neubauten nach Effizienzhaus-Standard KfW 55 bei Bauherren derzeit sehr beliebt. Daher solle gefördert werden, „was gefordert wird”, so Axel Gedaschko, Präsident des GdW.
Wohnungswirtschaft: „Unverständlich und unsozial”
Weiterhin bezeichnete Axel Gedaschko (GdW) das Ende der Förderung als „unverständlich und unsozial”. Die Folge wäre quasi ein Baustopp im sozialen Mietwohnungsbau, weil dieser mit „bezahlbaren Mieten” wirtschaftlich nicht mehr darstellbar wäre. Zudem sei der Erwerb von Wohneigentum für junge Familien zunehmend schwieriger. Außerdem würden Bauwillige zukünftig vermutlich eher den niedrigeren Mindeststandard nach Gebäude-Energie-Gesetz (ca. KfW 70) anstreben, weil der Standard KfW 55 ohne Förderung zu teuer wäre.
Darüber hinaus ist der Standard KfW 40 für viele Bauherren schlicht nicht finanzierbar. Deutliche Kritik kam auch vom Verband der Deutschen Energieberater GIH. Der GIH forderte eine Verschiebung des Förderstopps für das KfW 55 Haus im Neubau bis zur Überarbeitung des GEG 2022. Andernfalls würden die Bauherren aus Kostengründen lediglich den im GEG festgelegten Mindeststandard anstreben. Das müsse unbedingt verhindert werden, zumal der Standard KfW 55 EE im Neubau ein Schritt in die richtige Richtung wäre.
Vor allem bemängelten der GIH aber den Glaubwürdigkeitsverlust der Energieberater gegenüber den Beratenen, den sie durch den kurzfristigen Förderstopp erfahren. Zudem müssten sie Planungen für begonnene Projekte überarbeiten. Dadurch würden Berater und Bauherren zunehmend vor langfristigen Projekten zurückschrecken. Generell wären langfristige Projekte wegen der zahlreichen und kurzfristigen Änderungen der Förderung schwer planbar. Unter anderem hatten sich zuletzt auch die Förderrichtlinie der BEG und die Zinssätze für die KfW-Kredite in kurzen Abständen immer wieder geändert.
Deutsche Umwelthilfe kritisiert Neubau-Förderung KfW 55
In eine ganz andere Richtung wandte sich dagegen die Kritik der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Sie bezeichnete bereits vor Verkündung des Förderstopps durch das BMWi die noch geltende Neubau-Förderung des Effizienzhaus-Standards KfW 55 als „klimapolitisch und aus Sicht der Steuerzahler widersinnig”. Die DUH fordert von der kommenden Bundesregierung klimaneutrale Baustandards – mindestens aber KfW 40 für Neubauten. Der aktuelle Standard KfW 55 für Neubauten sei veraltet und nur für Bestandsbauten sinnvoll.
Durch die Förderung des Effizienzhaus-Standards KfW 55 im Neubau würden zukünftige Sanierungsfälle mit Steuergeldern gefördert, da der Standard für Neubauten viel zu niedrig sei. Das Geld würde bei der Sanierung des Gebäudebestands viel dringender gebraucht. Das gelte vor allem auch deshalb, weil der Standard KfW 55 im Neubau angesichts steigender Preise für fossile Brennstoffe ohnehin Stand der Technik sei und von daher gar nicht mehr gefördert werden müsse.
Neubau-Förderung Effizienzhaus 55: Ende richtig?
Die Frage lässt sich nicht so einfach beantworten. Einerseits sind Planungssicherheit und Vertrauen in die Förder-Institutionen wichtig, damit die Förderprogramme von den Betroffenen (Bauherren und Sanierern) auch angenommen werden und Wirkung entfalten. Nur dann kann Förderung auch erfolgreich sein und zur Senkung der CO2-Emissionen beitragen.
Ständige, kurzfristige Änderungen der Förderrichtlinien, der Zinsen und schließlich die Beendigung der Förderung für KfW 55 im Neubau tragen nicht gerade dazu bei, Vertrauen und Planungssicherheit bei Bauherren und Beratern zu schaffen. Im Neubau droht der vorübergehende Rückfall auf das niedrigere GEG-Niveau. Außerdem ist fraglich, wie die Ziele im sozialen Wohnungsbau angesichts der Beendigung der Förderung für KfW 55 erreicht werden sollen.
Andererseits sollte der Hebel Fördergeld natürlich da angesetzt werden, wo er am wirksamsten ist. Gerade einmal 1 Prozent der Bestandsgebäude werden jährlich energetisch saniert. 2 Prozent müssten es sein, um die im Bundes-Klimaschutzgesetz bis 2030 anvisierten Klimaziele im Gebäudesektor zu erreichen. Hier ist also eine Steigerung um mindestens 100 Prozent nötig. Insofern ist die zukünftige Fokussierung des BMWi auf die Sanierung von Bestandsbauten durchaus nachvollziehbar, folgerichtig und sinnvoll zumal Förderung gerade mit Blick auf den Klimawandel auch zielführend sein sollte.
Die Entscheidung, die Förderung für KfW 55 im Neubau zu beenden, bevor die Baustandards für Neubauten 2022 ohnehin überprüft und im GEG anpasst werden, erscheint insgesamt allerdings wenig glücklich und überhastet. Selbst wenn der Standard KfW 55 im Neubau angesichts steigender Preise für fossile Brennstoffe auch ohne Förderung am sinnvollsten ist, werden viele Bauherren voraussichtlich nur den aktuellen Mindeststandard nach GEG umsetzen. Vermutlich wäre es daher besser gewesen, mit dem Ende der Förderung für KfW 55 – wie z. B. von der GIH gefordert – bis zur Überarbeitung des GEG 2022 zu warten.
Worauf Betroffene jetzt achten sollten
Sollten Sie einen Neubau mit Standard KfW 55 planen, müssen Sie darauf achten, den Antrag rechtzeitig bis zum 31.01.2022 bei der KfW zu stellen. Entscheidend ist das Antragsdatum bei der KfW.
Sollten Sie sich unsicher sein, ob das möglich sein wird, sprechen Sie rechtzeitig mit Ihrem Energieberater. Er sollte wissen, ob die Planung bis dahin so weit abgeschlossen ist, dass der Antrag noch rechtzeitig gestellt werden kann.
Sollte es nicht möglich sein, müssen Sie nach jetzigem Stand wohl oder übel entweder auf die Förderung verzichten oder aber mindestens auf Effizienzhaus-Standard 40 umplanen. Von einer Planung nach GEG-Mindeststandard sollte man allerdings absehen – zumindest wenn man sich das leisten kann. Das gesparte Geld wird man in Zukunft in Form von steigenden Heizkosten höchst wahrscheinlich vielfach bezahlen.
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Titelbild: © BrunoWeltmann / shutterstock.com; KfW 55 – was ändert sich: © fizkes / shutterstock.com; Kritik am Ende der Förderung: © Alessandro28 / shutterstock.com; Neubau-Förderung Effizienzhaus 55: © White77 / pixabay.com CC0; Worauf Betroffene jetzt achten sollten: © Antonio Guillem / shutterstock.com