Wasserstoff-Kernnetz für 20 Milliarden Euro: Deutschlands Schlüssel zur Klimaneutralität?
Ein Wasserstoff-Kernnetz von fast 10.000 Kilometern Länge für etwa 20 Milliarden Euro. Dieses Vorhaben will die Bundesregierung in den nächsten Jahren angehen. Auf dem Weg zur Klimaneutralität gilt Wasserstoff als großer Hoffnungsträger. Damit der Wasserstoff zum Verbraucher kommt, bedarf es eben dieser Infrastruktur. Bereits 2025 könnte erster Wasserstoff durch das Kernnetzwerk fließen.
Grüner Wasserstoff: Schlüsselfigur und Status Quo
Bis 2045 will Deutschland klimaneutral sein. Dafür bedarf es einer Veränderung der Energieversorgung. Wasserstoff kann den Ausstoß vor allem des schädlichen Treibhausgases CO₂ in den Bereichen Energie, Verkehr und Industrie massiv senken und dem Klimawandel entgegenwirken. Doch kann Wasserstoff der Schlüssel für das Erreichen der Klimaneutralität sein? Theoretisch ja. In der Praxis sieht es bisher noch anders aus.
Während es eine Wasserstoffstrategie in Deutschland bereits gibt, fehlt die Infrastruktur, um Wasserstoff an die Verbraucher zu bringen. Aktuell gibt es 417 Kilometer Wasserstoff-Netz in Deutschland – das sind weniger als 0,1 Prozent des gesamten deutschen Gasnetzes. Die längste Wasserstoff-Pipeline verläuft im Ruhrgebiet und erstreckt sich über eine Länge von 240 Kilometer. Im Mitteldeutschen Chemiedreieck um Bitterfeld, Schkopau und Leuna ist das Wasserstoff-Netz 150 Kilometer lang. In Schleswig-Holstein erstreckt sich eine Wasserstoffleitung über 30 Kilometer.
Wasserstoff-Kernnetz: Bund baut Wasserstoffnetzwerk aus
Das soll sich nun ändern. Von 2025 bis 2032 soll sukzessive ein 9.700 Kilometer langes Leitungsnetz entstehen. Das kündigte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck im November 2023 an. Damit würde Deutschland in Europa vorangehen.
Ziel des Kernnetzes ist es, möglichst schnell und effizient die Grundlage für eine ausbaufähige Wasserstoff-Infrastruktur in Deutschland zu legen. Das Wasserstoff-Kernnetz soll das Grundgerüst für Deutschlands Wasserstoff-Infrastruktur werden. Bis 2030 sollen Wasserstoff-Standorte deutschlandweit mit fast 10.000 Kilometern Gasleitungen verbunden sein. Dazu zählen große Industriezentren, Kraftwerke oder Speicher. Dabei wird etwa 60 Prozent des Kernnetzes aus umgestellten Erdgasleitungen bestehen. Die restlichen 40 Prozent werden neu gebaut. Die Leitungen sollen nach und nach zwischen 2025 und 2032 in Betrieb genommen werden.
Finanzierung des Kernnetzes über Verbraucher
Der Aufbau des Wasserstoff-Kernnetzes erfordert hohe Investitionen. Wie bei Erdgas und Strom soll das Wasserstoff-Netz durch die Nutzer finanziert werden. Da es zu Beginn aber recht wenige Abnehmer geben wird, werden die Kosten nicht gleich auf die Nutzer umgelegt. Der Staat will über die nächsten Jahre in Vorleistung gehen und die Kosten für das Projekt vorstrecken. Sollte nach 2055 noch ein Fehlbetrag bestehen, müssen sich die Leitungsbetreiber zu 24 Prozent an der Ausgleichung beteiligen.
Wasserstoff in Deutschland
Auf lange Sicht will Deutschland 30 bis 50 Prozent seines Bedarfs an Wasserstoff selbst produzieren, der Rest soll importiert werden. Deutschland könnte nach aktuellem Stand einen großen Teil seines Wasserstoffbedarfs per Pipeline aus dem Nordsee- und Ostseeraum sowie aus Südwesteuropa, Südosteuropa und Südeuropa beziehungsweise Nordafrika importieren. Daneben ist unter anderem eine Kooperation mit Chile geplant. 50 bis 70 Prozent des Wasserstoffbedarfs werden jedoch durch Importe aus dem Ausland abgedeckt werden müssen. Denn die Kapazitäten für die Herstellung von grünem Wasserstoff sind in Deutschland aufgrund der Sonnen- und Windbedingungen begrenzt. Damit wäre Deutschland aber immer noch deutlich unabhängiger von Importen als dies derzeit bei Öl, Gas und Steinkohle der Fall ist, wo fast 100 Prozent eingeführt würden.
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Titelbild: Zukunft Gas © Jost Listemann | Wasserstoff-Leitung