Heute Im Interview: Laura Zöckler Von Der Bürgerwerke EG

Bürgerliche Genossenschaft erzeugt Ökostrom?

Die Bürgerwerke eG – Bürger erzeugen Ökostrom

Der Umstieg auf Erneuerbare Energien ist notwendig. Das findet bekanntlich auch eine große Mehrheit der Bürger. Die Bürgerwerke eG ist ein Zusammenschluss aus Bürgerenergiegenossenschaften, welche aus erneuerbaren Energien Strom erzeugen und damit Haushalte und Unternehmen versorgen. Die Bürgerwerke fungieren hier als Schnittstelle zwischen diesen Genossenschaften und den Strom abnehmenden Endkunden und schaffen so eine Verbindung zwischen lokalen Erzeugern und Verbrauchern.

Sie schreiben selber: „Die Bürgerwerke bündeln die Stromerzeugung aus Bürgerenergieanlagen, damit wir Bürger uns unabhängig von Energiekonzernen mit Bürgerstrom versorgen können. So schließen wir regionale Kreisläufe und die Wertschöpfung verbleibt vor Ort. Im Netzwerk der Bürgerwerke kann jeder die Energiewende aktiv mitgestalten – sei es durch Strombezug aus Bürgerenergieanlagen, als Mitglied einer Energiegenossenschaft oder als Eigenerzeuger.“

Im Energieheld-Interview dürfen wir heute Laura Zöckler von den Bürgerwerken begrüßen!

Darüber sprechen wir im Interview:

Beginn des Interviews

Stephan Günther (Energieheld):
Hi Laura, vielen Dank dafür, dass du dich bereiterklärt hast, an unserem Interview teilzunehmen.

Laura Zöckler (Bürgerwerke):
Vielen Dank für die Einladung! Ich freue mich sehr, dass ihr gerne mehr über die Bürgerwerke erfahren möchtet und hoffe, dass ich spannende Einblicke geben kann, weshalb wir uns jeden Tag für die Energiewende in Bürgerhand einsetzen.

Stephan Günther (Energieheld):
Dieses Interview soll natürlich keine Werbeveranstaltung werden, aber sicherlich ist es trotzdem sinnvoll, wenn du die Bürgerwerke, dich und deine Arbeit dort kurz vorstellst.

Laura Zöckler von den Bürgerwerken
Heute im Interview:
Laura Zöckler von den Bürgerwerken
© Bürgerwerke eG

Laura Zöckler (Bürgerwerke):
Gerne! Die Bürgerwerke sind ein Zusammenschluss von mehr als 80 Energiegenossenschaften – Gemeinschaften von Bürgerinnen und Bürgern, die bei sich vor Ort die Energiewende umsetzen, beispielsweise indem sie zusammen eine Solaranlage oder ein Windrad bauen. Insgesamt stehen über 12.000 Energiebürger hinter den Bürgerwerken.

Als starke Gemeinschaft haben sie mit den Bürgerwerken ihren eigenen Energieversorger aufgebaut: Der Strom aus den Erneuerbare-Energien-Anlagen der Gemeinschaften kann durch die Bürgerwerke direkt an Haushalte und Unternehmen vor Ort geliefert werden. Da wir alle unsere Erzeugungsanlagen auf der Homepage der Bürgerwerke vorstellen, ist Strom bei uns kein anonymes Produkt mehr. Unsere Kunden wissen ganz genau, woher ihr Strom stammt.

In der Geschäftsstelle der Bürgerwerke – von uns liebevoll „Dezentrale“ genannt – arbeitet unser Team jeden Tag daran, unsere Vision einer erneuerbaren, regionalen und unabhängigen Energiezukunft in Bürgerhand umzusetzen. Ich habe vor drei Jahren als Werkstudentin im Bereich Öffentlichkeitsarbeit angefangen und arbeite seit Anfang des Jahres nun fest als Energiewende-Botschafterin bei den Bürgerwerken.

Nebenbei bin ich noch ehrenamtlich im Vorstand der Heidelberger Energiegenossenschaft aktiv. Ich wollte immer etwas mit Erneuerbaren Energien machen und bin super glücklich, dass ich nun Vollzeit daran arbeiten kann, dass wir Bürgerinnen und Bürger uns selber mit Energie versorgen können anstatt von großen Unternehmen abhängig zu sein.

Stephan Günther (Energieheld):
Seit der Nuklearkatastrophe von Fukushima im März 2011 ist der Atomausstieg für Deutschland ja eine beschlossene Sache. Nach diesem „Schock“ war die Nachfrage der privaten Haushalte nach Ökostrom entsprechend hoch.

Wie sieht es heute aus? Was ist eure Erfahrung, hat sich die generelle Nachfrage nach Ökostrom mittlerweile verändert?

Laura Zöckler (Bürgerwerke):
Direkt nach Fukushima gab es wirklich einen Hype um Ökostrom – zum Glück! Ich habe damals selber zahlreichen Freunden und Bekannten erklärt, wie einfach sie zu einem echten Ökostromanbieter wechseln können. Nach dem Schock der Atomkatastrophe haben die meisten aber leider wieder vergessen, dass jeder einzelne durch seinen Strombezug einen Unterschied macht.

Millionen von Haushalten sind noch in teuren Grundversorgungstarifen und zahlen unnötig viel für ihren Strom. Ein Wechsel lohnt sich daher oft auch finanziell. Viel wichtiger finde ich aber, dass man wirklich einen Unterschied in Sachen Umwelt- und Klimaschutz machen kann. Gegenüber einem konventionellen Stromtarif spart ein Haushalt, der unseren Bürgerstrom bezieht, beispielsweise jedes Jahr durchschnittlich 2 Tonnen CO2 ein. Deshalb achtet beim Wechsel unbedingt darauf, nicht nur zu einem grün gefärbten Stromtarif zu wechseln, sondern zu einem Anbieter, der wirklich einen Mehrwert für die Energiewende bietet. Besonders würde ich mich natürlich freuen, wenn einige Leserinnen und Leser dieses Interviews Teil unserer Bürgerwerke-Gemeinschaft würden.

Portrait der Energiegenossenschaft Starkenburg mit ihrem Windrad im Odenwald
Portrait der Energiegenossenschaft Starkenburg mit ihrem Windrad im Odenwald
© Bürgerwerke eG

 

Stephan Günther (Energieheld):
Im Verkehrssektor kommt es zunehmend zur Elektrifizierung. Das Stichwort lautet „Elektromobilität“. Natürlich ist das Entwicklungspotenzial hier noch längst nicht ausgeschöpft und es gibt noch einige Probleme. Darunter vor allem die recht geringe Reichweite und die gleichzeitig komplizierte Ladung der Akkus. Es dauert lange und die Ladesäuleninfrastruktur ist schwach und undurchsichtig.

Dies ist für euch als ökologischen Energieversorger ja sicherlich ein spannendes Thema, oder?

Laura Zöckler (Bürgerwerke):
Du hast absolut recht! Das ist ein sehr spannendes Thema, in dem gerade erfreulicherweise Einiges an Bewegung ist. Die Reichweiten der neuen Generation von Elektroautos haben sich bereits deutlich erhöht und für den Großteil der alltäglichen Fahrten sind sie sowieso ausreichend. Die Bürgerwerke sind z. B. eine Kooperation mit Renault eingegangen – Gewerbetreibende, die Mitglied in einer unserer Genossenschaften sind und unseren Bürgerstrom beziehen, erhalten beim Kauf oder beim Leasing der Elektroautomodelle ZOE und KANGOO Z.E. attraktive Rabatte. So möchten wir Menschen dabei unterstützen, auf nachhaltige Elektromobilität umzusteigen.

Damit sie ihr Auto nicht nur bei sich zu Hause mit 100 % Ökostrom der Bürgerwerke laden können, starten wir außerdem ein eigenes BürgerLadenetz. Dafür geben wir Expertise im Netzwerk der Bürgerwerke weiter, damit unsere Mitgliedsgenossenschaften überall in Deutschland Ladesäulen in Bürgerhand aufstellen können. Denn wir möchten nicht, dass die Infrastruktur für die Elektromobilität – die sich in Anbetracht des Klimawandels und der gesundheitlichen Folgen von Diesel & Co. eher früher als später durchsetzen wird – wieder in Hand großer Unternehmen landet. Stattdessen wollen wir eine Infrastruktur aufbauen, die uns Bürgern gehört und über die wir somit die Kontrolle haben – genau wie bei unserem Bürgerstrom.

Stephan Günther (Energieheld):
Was würdet ihr euch von der Politik wünschen?

Laura Zöckler (Bürgerwerke):
Ganz einfach: Wir wünschen uns von der Politik ein klares und verlässliches Commitment für Erneuerbare Energien und die Umsetzung der zugesagten Klimaziele.

Eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung ist für den Kohleausstieg und die Energiewende – die Politikerinnen und Politiker müssen darauf hören anstatt auf die individuellen Interessen einzelner Unternehmen. Durch ein klares Bekenntnis zur Energiewende hätten wir Energiebürger auch endlich wieder Planungssicherheit – aktuell besteht immer die Gefahr, dass bereits erreichter Fortschritt durch politische Entscheidungen entgegen jeglicher Vernunft wieder zurückgedreht wird.

Eines haben wir in den letzten Jahren aber gezeigt: Wir finden trotzdem Wege, die Interessen der Bürgerinnen und Bürger zu vertreten. Das werden wir auch weiterhin tun – unsere Wirkung wäre aber natürlich deutlich größer, wenn die Politik uns dabei auch unterstützen würde.

Stephan Günther (Energieheld):
Wie sieht die Zukunft aus? Was glaubst du, welche Technologien und Systeme werden in 10, 20 oder 30 Jahren unsere Energieversorgung verändert haben?

Laura Zöckler (Bürgerwerke):
Wir warten nicht auf neue Technologien, denn die Lösungen sind doch längst da! Wir können uns mit Energie aus Sonne und Wind versorgen, es müssen nur endlich die richtigen Strukturen geschaffen und die Subventionen für fossile Energieträger beendet werden. Durch die bereits angesprochene Sektorenkopplung – also die intelligente Verknüpfung der Bereiche Strom, Wärme und Mobilität – können wir deutlich schneller als viele denken ein System schaffen, das zu jeder Zeit zuverlässig Energie zur Verfügung stellt.

Durch die Energiewende von unten werden wir in 10 Jahren hoffentlich endlich ein System haben, in dem die Energieversorgung in Hand der Bürgerinnen und Bürger liegt – und nicht zentral kontrolliert wird. Da sind wir auf einem guten Weg. Bereits heute zeigen vor allem dezentrale Akteure, wie Sektorenkopplung umgesetzt werden kann. Ein Beispiel ist das Konzept der Heidelberger Energiegenossenschaft für eine integrierte Quartiersversorgung, mit dem wir den Ideenwettbewerb des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbandes gewonnen haben.

Wir brauchen nicht auf neue Technologien warten. Im Gegenteil – wir müssen und können schon heute handeln!

Das Team der Bürgerwerke (Mai 2018)
Das Team der Bürgerwerke (Mai 2018)
© Bürgerwerke eG

Stephan Günther (Energieheld):
Was können eurer Meinung nach die Bürgerinnen und Bürger sonst noch tun, um die Energiewende, aber auch den Klimaschutz, voranzubringen?

Laura Zöckler (Bürgerwerke):
Wenn man sich mit der Thematik beschäftigt, merkt man schnell, dass es unendlich viele Möglichkeiten gibt, nachhaltiger zu leben. Das Thema Energie haben wir ja bereits behandelt – jeder kann zu einem der wenigen echten Ökostromanbieter wechseln und bei der Wahl des Fortbewegungsmittels lieber das Fahrrad, den Bus oder ein geteiltes E-Auto nutzen anstatt den eigenen Verbrenner. Und Mitglied in einer lokalen Energiegenossenschaft kann man auch ganz einfach werden.

Darüber hinaus kann man mit einfachen Methoden seinen Alltag verändern: Leitungswasser trinken anstatt weit transportiertes Wasser aus Flaschen; das ein oder andere Mal auf Fleisch verzichten; seinen wiederverwendbaren Becher beim Kauf von Coffee-to-go nutzen und mit dem Jutesack einkaufen gehen. Das freut nicht nur die Umwelt und das Klima, sondern auch meine Mitbewohner, die deutlich weniger zur Mülltonne laufen müssen. Das ist meiner Meinung nach nämlich das Schöne: Der Klimawandel ist zwar ein globales Problem, aber trotzdem kann jeder Einzelne lokal bei sich vor Ort etwas tun.

Stephan Günther (Energieheld):
Laura, hab‘ vielen Dank für das Interview und die spannenden Einblicke und Meinungen zur Energieversorgung in Deutschland.

Fazit:

Liebe Leserinnen und Leser, in diesem Interview können wir ein schönes Beispiel dafür sehen, wie die Energiewende dezentral durch die Bürgerhand vorangebracht werden kann.

Leider reichen rein ideologische Ansätze einiger weniger, wie so oft, nicht aus, um etwas so großes wie unsere Energieversorgung gänzlich umzukrempeln und zügig auf 100% Erneuerbare Energien umzustellen. Der Hype auf Ökostrom war nach dem Unglück in Fukushima enorm, ebbte dann jedoch auch recht schnell wieder ab. Die Nachfrage nach Ökostrom und -gas ist zwar vorhanden, dennoch braucht es die Marktmechanismen um Ökostrom sinnvoll und nachhaltig in der Gesellschaft zu etablieren.

Es gibt bereits einige erfolgreiche Ökostromanbieter, darunter zum Beispiel Polarstern, Lichtblick und eben auch die Bürgerwerke. Die großen Energiekonzerne tun sich schwer damit, sich von den konventionellen, fossilen Ressourcen wie Öl und Gas zu lösen. Vielleicht sind innovative, kleine Unternehmen hier schneller und erfolgreicher.

Letztlich kommt es wie so oft auf die Nachfrage der Bürger, also der Energieverbraucher selber, an. Wir haben die Verantwortung und müssen uns die Frage stellen: „In was für einer Welt möchten wir leben?“ Zu Ökostrom zu wechseln ist wirklich eine Sache von 5 Minuten, kostet in der Regel nicht mehr und kann dann viel für die Energiewende bewirken.

Laura sagt dazu: „…achtet beim Wechsel unbedingt darauf, nicht nur zu einem grün gefärbten Stromtarif zu wechseln, sondern zu einem Anbieter, der wirklich einen Mehrwert für die Energiewende bietet.“

Update: 21.03.2019

Mehr Informationen zum Thema Ökostrom erfahrt ihr jetzt hier in diesem Whiteboard-Video und in unserem Strom-Ratgeber.

Whiteboard-Video zum Stromanbieterwechsel (YouTube)

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Stephan Thies

"Für eine erfolgreiche Energie- und Wärmewende ist eine realistische und unabhängige Informationsbereitstellung wichtig. Bei Energieheld ist dies unser tägliches Bestreben."

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