Dämmung & Bauphysik – Expertenmeinung von Arnold Drewer
Südseite des Gebäudes nicht dämmen! Die Sonnenstrahlung hilft beim Wärmen des Gebäudes! Stimmt das? In diesem Experteninterview wollen wir einmal einige interessante Aussagen über die Dämmung in Bezug auf die Bauphysik beleuchten.
Dafür steht uns Arnold Drewer vom unabhängigen IpeG-Institut zur Verfügung – ein Experte auf dem Thema Dämmung. Wir von energieheld stellen dem Experten häufige Vorurteile, Fragen und Aussagen zur Dämmung und der Bauphysik. Hier seine Antworten dazu.
Diese Aussagen hört man häufig über Dämmungen
Dämmungs-Interessierte/r: Dämmung verschiebt den Taupunkt, das ist gefährlich!
A. Drewer: Bei einer außenliegenden, auf der „kalten“ Seite, befindlichen Dämmung, die nicht diffusionsdicht beschichtet ist, gibt es keinen Taupunkt (WDVS, Kellerdeckendämmung, Dämmung obere Geschoßdecke). Nur bei einer Innendämmung wird der Taupunkt in Richtung Wohnraum verlagert. Daher gehört diese in die Hand des Fachmannes und können nur mit bestimmten Materialien (hydrophil) durchgeführt werden.
Dämmungs-Interessierte/r: Massive Wände speichern Energie – wenn sie von außen gedämmt werden, geht das nicht mehr!
A. Drewer: Das stimmt nicht. Massive Wände sind ein wichtiger Speicher für Wärme. Dadurch bleiben Gebäude warm, wenn z.B. einmal die Heizung ausfällt. Zudem können solare Wärmegewinne durch Fenster gespeichert und genutzt werden. Im Winter ist die Bilanz von Sonneneinstrahlung und Abstrahlung durch ungedämmte Wände negativ. Die wenigen Sonnenstunden im Winter heizen die Außenwand nur wenige cm auf. Danach kühlen die Wände wieder ab. Wenn der Himmel bedeckt ist, wenn es regnet oder schneit – auch nachts – gibt es keine Aufheizung der Wände von außen. Daher muss verhindert werden, dass die Wände auskühlen.
Übrigens sind massive und dabei nicht gedämmte Gebäude, wie etwa Kirchen, Burgen, Schlösser und ähnliche, furchtbar kalt. Im Kölner Dom friert das Weihwasser manchmal ein! Selbst im Sommer, bei massiver Sonneneinstrahlung, sind derartige Gebäude im Inneren angenehm kühl.
Dämmungs-Interessierte/r: Eine Luftschicht dämmt doch?
A. Drewer: Im Grunde genommen dämmt Luft. Weil diese den schlechtesten Wärmeübertragungswert hat. Allerdings hat Luft auch die Eigenschaft, sehr leicht zu zirkulieren. Warme Luft steigt nach oben – kalte Luft sinkt nach unten. Das muss verhindert werden. Und genau das ist die Eigenschaft von Dämmstoffen: kleine und kleinste Luftporen sind voneinander abgeschottet und verhindern die Konvektionswärme. Je kleiner – desto besser. Sie kennen das auch von Kleidung: grobmaschige Baumwollpullover „dämmen“ schlechter als sehr feinmaschige Mohair-Pullover. Je feiner die Daunen im Schlafsack – desto besser dämmt er.
Luftmatratzen bestehen aus einer einzigen Luftpore (ziemlich groß, man muss sie mühsam aufpusten) und sind relativ komfortabel. Warm hingegen sind sie nicht: sie transportieren die Kälte des Bodens zum Rücken und die Wärme des Rückens zur Erde. Moderne Iso-Matten haben Milliarden kleinste Luftporen – auf ihnen ruht man ziemlich warm – allerdings auch hart.
Wenn die Luft im Dämmstoff in Milliarden kleinster Poren unterteilt ist – dämmt dieser sehr gut. Je größer die Poren – desto schlechter. Ganz einfach!
Dämmungs-Interessierte/r: Wenn das Haus von außen gedämmt ist, kann die Solarenergie die Wand nicht mehr erwärmen, ist es nicht besser, zur Südseite hin nicht zu dämmen?
A. Drewer: Wenn das so wäre, wäre es im Kölner Dom im Januar / Februar sehr warm, vor allem, da seine Außenseite recht dunkel ist und das Sonnenlicht gut aufnehmen kann – in Wirklichkeit frieren, wie bereits gesagt, im Winter dort die Weihwasserbecken zu!
Dämmungs-Interessierte/r: Wie viele Sonnenstunden hat der Winter denn? Und wie viele „Nicht-Sonnen-Stunden“ also Regen, Nebel, Nacht?
A. Drewer: Die solare Einstrahlung, falls vorhanden, kann die Wände im Winter nur auf wenige cm erwärmen – und schon wird’s wieder schattig.
Auch in den alten Burgen des Mittelalters war es damals furchtbar kalt. Die Unterhaltungskosten von Schlössern, vor allem die Heizkosten, sind auch für den Adel inzwischen fast unbezahlbar.
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Arnold Drewer: © Drewer