Älteres Haus, Das Von Außen Saniert Wird

Klimaschutz durch Gebäudesanierung – Danny Püschel vom NABU im Energieheld-Interview

Danny Püschel ist Referent für Energiepolitik und Klimaschutz beim NABU (Naturschutzbund Deutschland e.V.) und kennt sich mit allen Themen rund um Gebäudeökologie, nachhaltigem Bauen und Energieeffizienz gut aus.

Er ist studierter Diplom-Biologe, zertifizierter Gebäudeenergieberater und Herausgeber des Buches „Umweltgerechte Baustoffe: Graue Energie und Nachhaltigkeit von Gebäuden“, welches 2013 im Fraunhofer IRB-Verlag erschien.

Wir freuen uns sehr Herrn Püschel bei uns heute im Energieheld-Interview begrüßen zu dürfen!

Darüber sprechen wir in diesem Interview:

Stephan Günther (Energieheld): Hallo Herr Püschel, haben Sie vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für uns nehmen.

Herr Püschel (NABU): Vielen Dank für Ihre Einladung. Ich freue mich immer sehr, wenn ich gute Initiativen unterstützen kann.

Stephan Günther (Energieheld): Mögen Sie uns, bevor wir richtig starten, einmal kurz sagen was Ihre aktuelle Tätigkeit beim NABU ist?

Danny Püschel, Referent für Energiepolitik und Klimaschutz

Danny Püschel,
Referent für Energiepolitik und Klimaschutz,
NABU (Naturschutzbund Deutschland e.V.)


Herr Püschel (NABU): Ich arbeite für den NABU-Bundesverband als Referent für Energiepolitik und Klimaschutz. Dabei verantworte ich die Bereiche Gebäude und Energieeffizienz. Mein Tätigkeitsspektrum ist dabei sehr vielschichtig: von der Mitarbeit in EU- und nationalen Projekten über die inhaltliche Weiterentwicklung dieser Themen, der politischen Lobbyarbeit in Deutschland und der EU, der Vertretung des NABU in Bündnissen wie der #Effizienzwende und der Forschungswende bis hin zur Koordination des Bündnisses Gebäude-Allianz, Pressearbeit und der Entwicklung von verbandsinternen Energieeffizienzprojekten.

Aktueller Stand

Stephan Günther (Energieheld): Wie steht es Ihrer Meinung nach um den aktuellen Sanierungsstand in Deutschland, sind Sie zufrieden?

Herr Püschel (NABU): Gehen Sie doch mal durch die Straßen der deutschen Städte und Dörfer. Gelegentlich sieht man hocheffiziente Neubauten oder Sanierungsobjekte. Je nach Region auch mehr oder weniger PV- oder Solarthermieanlagen auf den Dächern. Wenn man sich dann wiederum vor Augen führt, dass der Gebäudebereich einerseits für rund vierzig Prozent des Energieverbrauchs und ca. ein Drittel der Treibhausgasemissionen verantwortlich ist, kann man mit dem aktuellen Sanierungsstand nur unglücklich sein. Vor allem, wenn wir bereits jetzt mit wenig Mehrkosten hocheffiziente Gebäude oder gar Plusenergiehäuser errichten können – und das doch viel zu selten tun.

Was sind die Probleme?

Stephan Günther (Energieheld): Wo sehen Sie die größten Fehlentwicklungen in der Sanierungsbranche? Was sind die Bremser in der Steigerung der Energieeffizienz von Gebäuden?

Herr Püschel (NABU): Zum einen ist es das mutlose und orientierungslose Vorgehen des Gesetzgebers. Viele Investoren und Häuslebauer sind verunsichert, wann welcher energetische Standard wieder überarbeitet, verschärft oder ausgesetzt wird. In Zeiten von Niedrigzinsen, Staatüberschüßen, Export- und Gewinnrekorden müssen wir doch in der Lage sein, klimaneutrale Neubauten und Sanierungen durchzuführen. Jetzt ist das Geld da! Und wenn jetzt stark investiert würde, würden die relativen Baukosten schnell sinken, und bald auch Menschen ihre Gebäude sanieren können, denen es jetzt noch zu teuer ist – oder zumindest zu teuer zu sein scheint. Relativ gesehen ist ein dreifach verglastes Fenster heutzutage genauso teuer wie ein einfach verglastes vor 30 Jahren. Es ist nur viel energiesparender. Jeder Euro, der jetzt in die energetische Sanierung gesteckt wird, steigert Wert und Komfort der Gebäude und senkt neben den Energiekosten auch die CO2-Emissionen.

Der zweite Punkt ist das immer noch ungelöste Mieter-Vermieter-Dilemma. Was hat denn ein Vermieter derzeit von einer energetischen Sanierung? Seine Investitionen bekommt er nur über Jahr(zehnt)e zurück und von der Energieeinsparung profitieren zunächst nur die Mieter. Es braucht Anreize für Eigentümer und Mieter. Wie genau diese aussehen können? Da gehen die Meinungen weit auseinander. Deshalb ist es ja auch ein Dilemma.

Ein dritter Punkt wäre der Mangel an gut ausgebildeten Handwerkern und Beratern, die sowohl in der Lage als auch motiviert sind, jeden Sanierungseuro in maximale Energieeffizienz und CO2-Reduktion zu verwandeln.

„Ökologische“ Baustoffe?

Stephan Günther (Energieheld): Thema „Ökologische Baustoffe“: Viele von uns wünschen sich eine stärkere Verwendung von nachhaltigen Baustoffen. So ist zum Beispiel Styropor als Dämmstoff bei vielen verpönt – „Man will sein Haus ja nicht in Plastik einwickeln.

Zu diesem Thema würde mich Ihre Meinung und Ihr Know-How sehr interessieren, wie stehen Sie dazu?

Herr Püschel (NABU): Leider ist genau diese Frage schwer zu beantworten. Was ich auch als großen Malus der Nutzung „ökologischer Baustoffe“ empfinde. In einer hochkomplexen Welt gibt es leider oft keine einfache Antwort auf einfache Fragen. Ich versuche es dennoch: Zunächst ist die Erkenntnis wichtig, dass es kaum pauschale Aussagen gibt, die richtig sind. Es gibt eher starke Tendenzen. Doch fangen wir ganz vorne an. Was ist denn ökologisch sinnvoller? Erdöl aus der Erde zu pumpen und zu Polystyrol zu raffinieren oder Monokulturen von beispielsweise Hanf anzubauen – mit all den negativen Effekten von Monokulturen? Und dann muss man auch unerwartete Zielkonflikte abwägen. Polystyrol erzeugt beim Verbrennen viel CO2. Dafür benötig man relativ wenig Energie für die Herstellung. Aber der Rohstoff ist nicht unendlich verfügbar. Hanf kann, naturverträglich angebaut, sehr viel CO2 binden, also aktiv zum Klimaschutz beitragen. Dafür ist die Herstellung von Hanffaserplatten 2-4-mal energieaufwändiger als bei Polystyrol. Hinzu kommt, dass Holzfaser- oder Hanfdämmstoffe mit Flammschutzmitteln versehen werden (müssen), was z.B. bei Mineralwolle nicht nötig ist.

Ich könnte diese Auflistung noch endlos fortführen und ökologische Vor- und Nachteile der einzelnen Dämmstoffe aufzählen. Am Ende sind es bestimmte Rahmenbedingungen, die zueinander – und zum Gebäude – passen müssen. Prinzipiell gilt: je naturbelassener und unbehandelter ein Dämmstoff ist, desto besser ist er ökologisch zu bewerten. Hinzu kommt, wie er hergestellt wird, energieeffizient mit einem maximalen Anteil erneuerbarer Energien oder konventionell. Doch selbst die ökologischste Herstellung hat nur wenig Bedeutung, wenn der Bau- oder Dämmstoff nicht so lange wie möglich seiner Funktion nachkommt. Bei einem Fachwerkhaus aus dem 16. Jahrhundert spielt es fast keine Rolle, wie viel graue Energie und CO2-Emissionen bei seiner Errichtung angefallen sind – es steht ja immer noch.

Zusammenfassend sind Langlebigkeit und ein möglichst natürlicher Ursprung der Baumaterialien der beste Garant für eine gute ökologische Qualität. Und natürlich die Fähigkeit zur Weiter- oder Wiederverwendung.

Das Optimum

Stephan Günther (Energieheld):  Wenn Sie etwas in der Politik sofort verändern könnten oder an die Bürger in Deutschland direkt herantragen könnten, was wäre das?

Ein großer Baum, durch dessen Blätter die Sonne scheint

Was würde passieren, wenn wir CO2-Emissionen mit einem Preis belegen würden?
© Pakhnyushcha / shutterstock


Herr Püschel (NABU): Interessante Frage. Ich denke, das Optimum würde sich automatisch einstellen, wenn wir für Energie, Gebäudetechnik und Baustoffe die ökologisch und volkswirtschaftlich korrekten Preise aufrufen würden. Häuslebauer und Investoren würden dann ganz selbstverständlich die Lösungen umsetzen, die am wenigsten Energie verbrauchen, die natürlichen Ressourcen schonen und sehr langlebig sind – der „Markt“ würde sich entsprechend schnell anpassen. Und das wäre nicht einmal neu. Seit über 5.000 Jahren, seit der Mensch sich niedergelassen hat, wurde so gehandelt. Lediglich in den letzten einhundert Jahren weichen wir allzu extrem davon ab. Ein CO2-Preis und eine Rohstoffabgabe könnten funktionierende Instrumente sein, die die Fehlentwicklung der letzten Jahrzehnte wieder korrigieren. Im Ergebnis könnten wir durch einen klugen Mix von Hightech und natürlichen Baustoffen wohn- und umweltgesunde Gebäude errichten, an denen wir uns lange freuen können.

Wo liegen die Chancen & Risiken?

Stephan Günther (Energieheld): Wo sehen Sie die größten Chancen in der Entwicklung der Energiewende? Welche Techniken könnten in Zukunft spannend werden und die Energieeffizienz im Gebäudebereich stark erhöhen?

Herr Püschel (NABU): Die großen Chancen liegen in der Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern – geopolitisch und ökologisch. Ein Land und eine Volkswirtschaft, die sich von den Problemen der Energieversorgung lossagen, können sich natürlich weiterentwickeln. Welche Technologien dazu beitragen, kann ich jetzt noch gar nicht abschätzen. Die EINE Technologie wird es ohnehin nicht geben. Wir brauchen eine technologische Vielfalt, die eine 100%ige Versorgung mit naturverträglich erzeugten Energien ermöglicht – eben entsprechend der Vielfalt der Gebäude(nutzung).

Stephan Günther (Energieheld): Wo sehen Sie im Gegenzug die Größten Gefahren für die Energiewende?

Herr Püschel (NABU): Die größte Gefahr sehe ich im Kaputt-Diskutieren. Wir beginnen grade, uns immer mehr im „Klein-Klein“ zu verwirren und das große Ganze – den Umwelt- und Klimaschutz – aus den Augen zu verlieren. Dabei haben wir doch bereits alles, was notwendig ist: die passenden Technologien, das wirtschaftliche und ökologische Wissen, sogar das Geld. Es bedarf nun politischem Mut und großer Kreativität um die Energiewende erfolgreich zu vollführen – und den Willen dazu, bei allen.

Stephan Günther (Energieheld): Herr Püschel, haben Sie vielen Dank für die Antworten. Gibt es noch etwas, das Sie unseren Lesern sagen oder mitgeben möchten, wozu ich bisher keine Frage gestellt habe?

Herr Püschel (NABU): Es war leichter, auf den Mond zu fliegen, als die gesamte Energiestruktur eines Industrielandes im laufenden Betrieb umzustellen. Wir sollten nicht ungeduldig werden und das Ziel aus den Augen verlieren. Der Gebäudesektor hat durch seine Energieverbräuche und CO2-Emissionen dabei eine besondere Verantwortung. Aber auch das Potenzial, das politische Ziel, ein klimaneutraler Gebäudebestand, in den nächsten 30 Jahren zu erreichen. Unzählige kleine und große Bauprojekte zeigen doch bereits heute, dass und wie es geht.

Fazit

Vielen Dank Herr Püschel.

Autor Stephan Thies

Liebe Leserinnen und Leser, das war das Interview mit Herrn Püschel vom NABU. Schön, einmal mit jemandem aus einer Naturschutz NGO über diese Thematik zu sprechen. Ich denke wir konnten hier wirklich interessante Informationen und Meinungen zum Thema der Energiewende durch energetische Sanierungen gewinnen.

Ich kann mich dem Gesagten hier nur anschließen. Wünschenswert wäre ein stärkerer Fokus auf die Umweltverträglichkeit und nicht nur auf die Kostenersparnis durch Sanierungsmaßnahmen. Das gilt sowohl für die Politik, als auch für den Eigenheimbesitzer. In unserer täglichen Arbeit bei Energieheld merken wir, dass das Einsparen von Energiekosten und die finanzielle Amortisation der Sanierungsmaßnahmen für viele im Vordergrund stehen. Das ist ja auch per se nicht schlecht, doch werden den zusätzlichen, positiven Aspekte der energetischen Sanierungen oft nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt. Dazu gehören vor allem der Umweltschutz durch CO2-Einsparungen, die Schonung von Ressourcen oder auch das verbesserte Wohnklima durch fast alle Sanierungsmaßnahmen.

Weniger „Kaputt-Diskutieren“ – mehr handeln!

Sie finden bei Energieheld auf der gesamten Website sinnvolle und interessante Informationen rund um das Thema der energetischen Gebäudesanierungen. Effiziente Heizungen, moderne Fenster, sinnvolle Dämmungen, Solaranlagen etc. Wer die Energiewende mit voranbringen will, tut dies am besten, indem er selber etwas Ändert.

Unten finden Sie zudem noch eine Tabelle mit vielen Tipps für einen klimafreundlicheren Alltag! 🙂

Ein kleines Comic Haus, das eine Dacheindeckung veranschaulicht

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Schnelle Möglichkeiten um im Alltag den Energieverbrauch zu verringern:

23 Tipps für einen klimafreundlicheren Alltag
1. Wechsel zu Ökostrom und Ökogas!
2. Auf LED-Lampen umsteigen
3. Elektrogeräte nicht im Stand-by-Modus lassen
(Generell die Stecker ganz ziehen)
4. Kurzstrecken per Fahrrad statt Auto fahren
5. Längere Strecken per Bahn statt Auto fahren
6. Private Fahrgemeinschaften aufbauen
(Auto mit Freunden teilen und finanzieren)
7. Weniger Flugreisen tätigen
(Urlaub muss nicht eine Weltreise sein)
8. Weniger Fleisch nachfragen
9. Hände mit kalten Wasser waschen
10. Elektrogeräte mit hoher Energieeffizienz kaufen
(Beim Tausch auf Effizienzklassen (A+++) achten)
11. Wasser für das Kochen vorher im Wasserkocher erhitzen
12. Dann im Kochtopf mit Deckel kochen
13. Wäsche auf niedriger Temperatur waschen
14. Kinderkleidung weitergeben und secondhand kaufen
15. Lebensmittel regional und saisonal kaufen
16. Produkte mit möglichst wenig Verpackung kaufen
17. Leitungswasser statt gekauftes Wasser aus Plastikflaschen trinken
18. Räume kurz, aber stark stoßlüften
(Fenster nicht auf kipp lassen)
19. Alte Gebäudetechnik modernisieren
(Moderne Fenster, Sinnvolle Dämmung, Effiziente Heizung, unterstützende Solaranlagen, etc.)
20. Heizungspumpe einstellen lassen
21. Duschen statt baden
22. Jute statt Plastik – Einkaufstüten selber mitbringen
23. Beim Kauf von Produkten auf mögliche Ökosiegel achten
(Bio, Blauer Engel, Naturland, FSC, PEFC, etc.)

Sparpotential deutscher Haushalte - smava


Stephan Thies

"Für eine erfolgreiche Energie- und Wärmewende ist eine realistische und unabhängige Informationsbereitstellung wichtig. Bei Energieheld ist dies unser tägliches Bestreben."

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