Stromspeicher auf vier Rädern: Strom aus der E-Auto-Batterie
E-Auto oder Verbrenner? Die Frage sorgt immer noch für Diskussionen. Eine recht neue Technologie könnte dafür sorgen, dass in Zukunft noch mehr Menschen auf Elektroautos setzen: das bidirektionale Laden, also das Laden in beide Richtungen.
Strom speichern: Das Problem mit Photovoltaikanlagen
Immer mehr private Haushalte nutzen Sonnenenergie zur Stromerzeugung. Laut Statistischem Bundesamt sind mittlerweile insgesamt 2,6 Millionen PV-Anlagen auf Deutschlands Dächern installiert. Die Vorteile liegen auf der Hand: Sie senken Ihre Stromkosten, schützen die Umwelt und steigern den Wert Ihrer Immobilie. Und Sie machen sich unabhängig von Energieversorgern – oder zumindest unabhängiger. Denn einen Haken haben Photovoltaikanlagen: Sie decken den Strombedarf nur zu etwa 30 Prozent. Den restlichen Strombedarf decken PV-Anlagen-Besitzer über das öffentliche Stromnetz. Darüber beziehen Sie Ihren Strom gerne mal dreimal teurer. Schließlich scheint die Sonne nicht rund um die Uhr.
Wer eine Photovoltaikanlage installiert hat, für den ist das bidirektionale Laden der E-Auto-Batterie besonders interessant | © William Mead / pexels.com
Die Lösung: Stromspeicher. Dort wird der produzierte Strom wird bei Sonnenschein im Stromspeicher zwischengespeichert. Bei schlechtem Wetter oder in der Nacht können Sie den Strom aus dem Speicher nutzen. Dadurch können Sie Ihren Eigenverbrauchsanteil von ca. 30 Prozent auf ca. 80 Prozent erhöhen. So lassen sich Stromkosten senken und die Wirtschaftlichkeit Ihrer Solaranlage erhöhen. Ein Stromspeicher ist allerdings mit recht hohen Kosten verbunden. So lässt sich mit etwa 9.000 – 20.000 € Anschaffungskosten rechnen.
Die Elektro-Auto-Batterie als Stromspeicher
Viele haben die Lösung bereits in ihrer Garage stehen: das E-Auto. Die allermeisten Elektroautos nämlich stehen einen großen Teil des Tages ungenutzt in der Garage, vollgetankt mit Energie und mit der zehnfachen Kapazität eines typischen Photovoltaik-Heimspeichers. Eigentlich Verschwendung. Denn die Batterien lassen sich auch als Zwischenspeicher für den Strom verwenden. Das E-Auto könnte also tagsüber überschüssigen Strom aus der Photovoltaikanlage speichern und bei Bedarf wieder zurückgeben. Zumindest, wenn die Möglichkeit bidirektionalen Ladens besteht. Das heißt: Der Strom kann nicht nur in die E-Auto-Batterie fließen, sondern über die Wallbox auch wieder zurück ins Haus. Dieses Prinzip nennt sich auch „Vehicle-to-Home“ (V2H).
Die Voraussetzungen für bidirektionales Laden klingen recht simpel: Sie benötigen lediglich eine bidirektionale Wallbox und ein Elektroauto, das das Laden in beide Richtungen unterstützt. An den Rahmenbedingungen scheitert die Technologie in Deutschland gerade noch.
V2H: Das Potenzial ist da – die Rahmenbedingungen fehlen
Bisher sind nur wenige Autos befähigt, bidirektional zu laden. Eine Nachrüstung ist technisch kaum umsetzbar. Die Modelle, die bereits dazu fähig sind, beidseitig zu laden, stammen vorrangig aus Ostasien. Insbesondere in Japan ist die Technologie bereits weiter verbreitet, aber auch in Südkorea: Etwa Nissan, Mitsubishi, Hyundai, Kia sind Vorreiter. Andere Autohersteller ziehen bereits nach. Gerade erforscht wird das bidirektionale Laden etwa in einem Pilotprojekt von BMW. VW hat es bereits möglich gemacht: Die Batterie eines ID-Modells von VW kann laut Herstellerangaben einen durchschnittlichen Haushalt für rund zwei Tage mit Strom versorgen – zumindest theoretisch. Denn hierzulande sind die Infrastruktur und Rahmenbedingungen noch nicht so weit, die Technologie flächendeckend einführen zu können.
Darüber hinaus fehlen regulatorische Rahmenbedingungen, um die Technologie flächendeckend und wirtschaftlich einführen zu können. Auch aus technischer Sicht fehlt die Einigung auf Standards und Schnittstellen. Deshalb hat sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck Ende 2023 in Berlin zusammen mit Entscheidungsträgern aus Wirtschaft und Politik aus mehreren europäischen Ländern getroffen, um die Chancen und Perspektiven des bidirektionalen Ladens zu diskutieren. Das Ergebnis: Es sollen technische, rechtliche und organisatorische Hemmnisse abgebaut werden.
Bisher rechnet sich bidirektionales Laden auch für den Verbraucher nicht so recht – momentan ist diese Art der Wallbox schlicht noch zu teuer. Das ist aber gerade dabei, sich zu ändern, sodass eine Anschaffung für E-Auto-Besitzer sinnvoll wird. Gerade, wenn die Strompreise auf Dauer ähnlich hoch bleiben wie in 2023.
Stromspeicher auch ohne PV-Anlage sinnvoll?
Bidirektionales Laden mit einer PV-Anlage macht also Sinn – zumindest in Zukunft. Doch wie sieht es aus, wenn man keine Photovoltaik auf dem Dach hat? Auch dann kann die Möglichkeit, bidirektional zu laden, durchaus sinnvoll sein. Zum einen kann die E-Auto-Batterie als Notstromversorgung dienen. Sollte einmal der Strom ausfallen, könnte die E-Auto-Batterie Sie mehrere Tage mit Strom versorgen. Außerdem kann Ihr Auto geladen werden, wenn der Strom billig ist und dann zu den Spitzenlastzeiten entladen, um die Stromkosten zu senken.
Bidirektionales Laden – die Technologie der Zukunft?
Ganz klar: Bis bidirektionales Laden in Deutschland marktreif ist, gibt es noch einige Hürden zu überwinden. Dennoch sehen viele Experten der Automobil- und der Energiebranche die Technologie als Zukunft der Elektromobilität an, verbindet es doch zwei der vielversprechendsten Zukunftstechnologien: Elektromobilität und Solarenergie.
Der Grundstein dafür wurde am 24. November 2023 gelegt: Der Bundesrat hat auf Initiative von Niedersachsen eine wegweisende Entschließung verabschiedet, die die Bundesregierung dazu auffordert, die rechtlichen, steuerlichen, technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für das bidirektionale Laden von Elektroautos zu stärken.
Bildverzeichnis
Titelbild: © pixabay.com / AKrebs60 | Elektroauto Ladesäule