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Norwegischer Strom: Alle Infos zu Wasserkraft aus Norwegen

Von Mike Kinder
Bild: Ökostrom
Ökostrom aus Norwegen ist grüne Energie | © FotoIdee / shutterstock.com

Immer mehr Hausbesitzer möchten klimafreundlichen Ökostrom nutzen. Doch woher kommt Ökostrom? Wer bei seinem Energieversorger einen Ökostromtarif abschließt, bekommt allerdings nicht immer auch wirklich Öko-Energie aus Deutschland. Oft handelt es sich bei Ökostrom um norwegischen Strom.

Welche Gründe Strom-Importe aus Norwegen haben, was es mit den Herkunftsnachweisen auf sich hat und wie man alternativ Ökostrom selbst produzieren kann, erfahren Sie in diesem Artikel. Außerdem erklären wir, wie Sie echte Ökostromtarife erkennen können.

Inhalt


    Norwegischer Strom: Wasserkraft aus Norwegen

    Bild: Wasserkraftwerk
    Ökostrom aus Wasserkraft | © WFranz / pixabay.com CC0

    Norwegen ist ein Gebirgsland mit viel Wasser und viel Gefälle. Entsprechend hoch ist die Anzahl der Wasserkraftwerke, die den Großteil des Stroms in Norwegen erzeugen. Dabei wird sogar in Norwegen aus Wasserkraft mehr Strom produziert, als eigentlich verbraucht wird. Die Folge: Norwegen kann diesen Ökostrom ins Ausland verkaufen - etwa nach Deutschland.

    Ein Vorteil: Da in Norwegen so viel mehr Ökostrom produziert als vor Ort genutzt wird, ist dieser auch besonders günstig. Tatsächlich ist Ökostrom in Deutschland sogar oft günstiger als Strom, den Verbraucher im Grundversorgungs-Tarif beziehen.

    Während der Durchschnitts-Einzelhandelspreis über alle Arten von Strom hinweg im Jahr 2020 bei 32,05 Cent pro Kilowattstunde lag, waren es beim Ökostrom nur 31,66 Cent. Das geht aus dem Monitoringbericht 2020 der Bundesnetzagentur hervor.

    Bild: Energieheld-Tipps

    Norwegen produziert große Mengen Ökostrom aus Wasserkraft. Die Überschüsse dieser Produktion werden per Nord-Link auch nach Deutschland geliefert und können dann hierzulande bezogen werden.


    Woher kommt Ökostrom? So funktioniert unser Stromnetz

    Bild: Stromnetz
    Stromleitungen können auch Ökostrom transportieren | © analogicus / pixabay.com CC0

    Strom aus der Steckdose stammt in Deutschland zum Großteil aus Kohlekraftwerken, Atomkraftwerken oder Solarenergie. Allerdings ist es wichtig zu wissen, dass in der Leitung bzw. der Steckdose nicht zwischen Ökostrom und normalem Strom unterschieden wird.

    Wer Ökostrom bestellt, bezahlt dafür, dass eine bestimmte Menge Strom aus umweltfreundlicher Erzeugung in ein Stromnetz eingespeist wird. Der sogenannte Strommix bekommt dadurch einen höheren Ökostrom-Anteil.

    Zwei Vermarktungsmodelle für Ökostrom

    Für die Vermarktung von Ökostrom stehen zwei Modelle zur Wahl: Zum einen der Handel mit sogenannten Herkunftsnachweisen (HKN), zum anderen gibt es auch die Möglichkeit, echten Ökostrom zu handeln, der dann auch tatsächlich ins deutsche Stromnetz eingespeist wird.

    Beim ersten Vermarktungsmodell, dem Handel mit Herkunftsnachweisen, werden diese Zertifikate beispielsweise für den norwegischen Strom ausgegeben. Anschließend können die Herkunftsnachweise verkauft werden - etwa nach Deutschland. Dass dadurch auch wirklich norwegischer Ökostrom in Deutschland ankommt, ist bei diesem Modell allerdings nicht garantiert. Die Herkunftsnachweise garantieren nur, dass der Ökostrom am Ort der Produktion ins Stromnetz eingespeist wird, nicht wohin er anschließend geliefert wird.

    Andererseits besteht durchaus die Möglichkeit, dass der Ökostrom auch wirklich in Deutschland ankommt. Für diesen Austausch von norwegischem Strom nach Deutschland ist seit dem Jahr 2021 das Seekabel NordLink in Betrieb. In dem Fall garantiert der Energieversorger, dass der Ökostrom nicht nur via HKN eingekauft, sondern auch ins deutsche Stromnetz eingespeist wurde. Den Unterschied zwischen Herkunftsnachweisen und echtem Ökostrom erklären wir im folgenden Kapitel.


    Ökostrom und Zertifikate aus Norwegen

    Bild: Ökostrom Zertifikate
    Zertifikate für Ökostrom bestätigen grüne Energie | © lovelyday12 / shutterstock.com

    Wer in Europa Ökostrom verkaufen möchte, muss einen Nachweis dafür erbringen, dass er ökologisch produziert wurde. Stromerzeuger erhalten dann für jede Wattstunde dieses Stroms einen Herkunftsnachweis (HKN), also ein Zertifikat.

    Diese Zertifikate können europaweit im Rahmen des Renewable Energy Certificate System (RECS) gehandelt werden - und zwar sowohl von großen Stromkonzernen als auch von Hausbesitzern, die ihren eigenen Strom per Photovoltaik oder Mini-Windkraft erzeugen.

    Herkunftsnachweise gelten immer für eine bestimmte Menge elektrischer Energie aus ökologischer Produktion, die ins Stromnetz eingespeist wird. Sie deklarieren aus welcher Energiequelle der Strom stammt - z. B. aus Windkraft, Wasserkraft oder Solarenergie. Da sie nicht direkt am Ökostrom haften, sind Herkunftsnachweise eigenständige Zertifikate und können unabhängig vom eigentlichen Ökostrom gehandelt werden.

    Daher kann sich die Frage gestellt werden, ob letztendlich nur die HKN oder auch echter norwegischer Ökostrom in Deutschland ankommt. Einerseits können die eigenständigen HKN unabhängig vom Ökostrom nach Deutschland verkauft werden, andererseits gibt es mit NordLink auch die Möglichkeit, den echten Ökostrom aus Norwegen nach Deutschland zu transportieren. Beide Optionen erklären wir Ihnen jetzt.

    Handel mit Herkunftsnachweisen

    Obwohl es mit NordLink die Möglichkeit gibt, den echten norwegischen Strom nach Deutschland zu transportieren, wird mit den Herkunftsnachweisen oft „Etikettenschwindel“ betrieben - sogenanntes „Greenwashing“. Da in Norwegen der Strom fast ausschließlich aus nachhaltiger Wasserkraft gewonnen wird, bekommt das Land dafür Herkunftsnachweise. Diese sind in Norwegen dementsprechend im Überfluss vorhanden.

    HKN können als eigenständige Zertifikate, unabhängig vom eigentlichen Ökostrom aus Norwegen, weiterverkauft werden. Unter anderem können dann deutsche Stromanbieter diese norwegischen Herkunftsnachweise zusammen mit günstigem Kohle- oder Atomstrom kaufen. Daraus entstehen Tarife, die letztendlich nicht das beinhalten, wofür Sie als Verbraucher, bezahlen. Das Produkt erscheint somit ökologischer als es eigentlich ist - auch wenn in Norwegen eine bestimmte Menge Ökostrom eingespeist worden ist.

    Echter Ökostrom über NordLink

    NordLink ist ein 623 Kilometer langes Kabel, das durch die Nordsee führt. Seit 2021 verbindet die „Stromautobahn” das norwegische mit dem deutschen Stromnetz und tauscht den Ökostrom zwischen beiden Ländern aus. In Norwegen gibt es vermehrt Wasserkraft und in Deutschland hauptsächlich Windenergie oder Solarstrom.

    NordLink hat nach Angaben des Betreibers Tennet eine Kapazität von 1.400 Megawatt. Würde diese Maximalkapazität permanent bis ans Limit ausgeschöpft, könnten theoretisch pro Jahr 12.264.000 Megawattstunden durch das NordLink-Kabel fließen. Das entspricht knapp 12,3 Milliarden Kilowattstunden Strom, die wiederum 3 Millionen Haushalte mit Ökostrom versorgen können.

    Mithilfe von Nordlink sollen in erster Linie Schwankungen in der Ökostrom-Produktion, die naturbedingt auftreten, reduziert werden. Diese können auftreten, wenn zu wenig Wind weht oder Sonne scheint. Einerseits kann dabei norwegischer Strom zur Deckung der Nachfrage nach Deutschland fließen. Andererseits kann tatsächlich auch Ökostrom von Deutschland nach Norwegen geliefert werden - nämlich überproduzierter Strom aus deutscher Windkraft (Quelle: Tennet).


    Norwegischer Strom: Kein Ausbau in Deutschland

    Bild: Kohlekraftwerk
    Alte Kraftwerke liefern keinen Ökostrom | © Benita5 / pixabay.com CC0

    Ökostrom-Importe haben ein entscheidendes Manko. Zwar fließt über NordLink echter Ökostrom von Norwegen nach Deutschland, allerdings bringt dies natürlich nicht den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland voran.

    Derzeit werden in Deutschland 40 bis 60 Prozent des Strombedarfs von erneuerbaren Energien, wie Windkraft und Solarenergie, gedeckt (Stand 2021). Die andere Hälfte des deutschen Strommixes machen noch immer Kohlestrom, Kernenergie und Strom aus Erdgas aus.

    Wenn also weiterhin echter norwegischer Ökostrom statt aus Deutschland bezogen wird oder sogar nur Herkunftsnachweise gehandelt werden (ohne physische Stromlieferungen), kommt dies nicht dem Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland zugute. Die Erhöhung der Ökostrom-Produktion hierzulande gelingt nur durch echte Ökostromtarife aus Deutschland wie die von Green Planet Energy oder Polarstern.

    Echte Ökostromtarife finden

    „Wie kann man echten Ökostrom bekommen?” - Die Antwort auf diese Frage, die sich viele Hausbesitzer stellen, ist simpel. Garantierten Ökostrom bekommen Sie nur dann aus der Steckdose, wenn Sie ihn selbst produzieren. Wenn Sie aber auf bestimmte Dinge achten und entsprechende Tarife nutzen, können Sie zumindest sicherstellen, dass der Ökostrom, für den Sie bezahlen, in Deutschland produziert und auch verbraucht wird.

    Echte Ökostromtarife werden von Stromversorgern angeboten, die sich vertraglich dazu verpflichten, in den hiesigen Ausbau erneuerbarer Energien zu investieren. Außerdem lässt sich echter Ökostrom anhand von Labels erkennen. Beispiele sind das Grüner-Strom-Label und das Ok-Power-Label, die von den Verbraucherzentralen empfohlen werden. Tipp: Schauen Sie selbst auch kritisch auf die Labels, um ganz sicher zu sein.

    Anbieter Siegel Garantie für Ihren Ökostrom Tarif
    Bürgerwerke Grüner Strom, TÜV Nord 100% Ökostrom aus deutschen Erneuerbare-Energien-Anlagen Transparenz bei der Stromherkunft ab 42,37 Cent / kWh (Grundpreis: 11,90 € pro Monat)
    Green Planet Energy ok-power, Grüner Strom, TÜV Nord, EcoTopTen 100% Erneuerbare Energien (Wasserkraft, Windkraft, Photovoltaik) Ökologischer Mehrwert durch Siegel (ok-power-plus) belegt ab 30,90 Cent / kWh (Grundpreis: 8,90 € pro Monat)
    Naturstrom AG Grüner Strom, TÜV Nord, EcoTopTen 100% Erneuerbare Energien (Wasserkraft, Windkraft, Photovoltaik, Biomasse) Ökologischer Mehrwert durch Siegel (Grüner Strom) belegt ab 48,90 Cent / kWh (Grundpreis: 11,90 € pro Monat)
    Polarstern Energie Grüner Strom, TÜV Nord, EcoTopTen 100% Erneuerbare Energien (Wasserkraft) Ökologischer Mehrwert durch Siegel (Grüner Strom) belegt ab 49,62 Cent / kWh (Grundpreis: 14,92 € pro Monat)
    Prokon Strom ok-power, EcoTopTen 100% Erneuerbare Energien (Windkraft, Photovoltaik) Ökologischer Mehrwert durch Siegel (ok-power/ok-power-plus) belegt ab 56,40 Cent / kWh (Grundpreis: 14,00 € pro Monat)

    Kriterien für das Grüner-Strom-Label sind, dass der Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien stammt und pro Kilowattstunde (kWh) ein fester Förderbetrag in neue Anlagen und Projekte fließt. Zudem dürfen Anbieter nicht an fossilen Kraftwerken beteiligt sein. Die Verwendung von RECS-Zertifikaten, also gehandelten Herkunftsnachweisen, ist ebenfalls nicht zulässig.

    Zu den Anforderungen des Ok-Power-Labels gehört, dass der Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien stammt und mindestens ein Drittel der Anlagen nicht älter als sechs Jahre ist. Anbieter müssen in neue Anlagen und Projekte investieren und dürfen nicht an Atomkraftwerken, Braunkohlekraftwerken oder neuen Steinkohlekraftwerken beteiligt sein. Die Verwendung von RECS-Zertifikaten ist aber weiterhin möglich.

    Achten Sie bei Ihrer Auswahl auf diese Kriterien! Andernfalls ist es wahrscheinlich, dass hinter Ihrem scheinbaren Ökostromtarif nur normaler Kohlestrom oder Atomstrom steckt, der mit Herkunftsnachweisen versehen wurde.

    Eigenen Ökostrom mit Photovoltaik erzeugen

    Eine Alternative zum Ökostrom vom Energieversorger ist die Eigenproduktion von Solarstrom. Mit einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach können Sie die Kraft der Sonne nutzen, um kostengünstig Ihren eigenen echten Ökostrom zu produzieren. Dieser muss nicht über lange Strecken transportiert werden und es kann längerfristig mehr CO2 eingespart werden. Diese Möglichkeit ist daher umweltfreundlicher als konventionellen Strom zu beziehen.

    Außerdem sparen Sie natürlich einiges an Stromkosten, wenn immerhin ein Teil Ihres Stroms direkt auf Ihrem Dach erzeugt und direkt vor Ort genutzt wird. Sämtlicher Solarstrom, der nicht benötigt wird, kann zudem 20 Jahre lang gegen eine festgeschriebene Vergütung ins öffentliche Netz eingespeist werden (EEG-Einspeisevergütung). Eigenen Ökostrom mithilfe von Photovoltaik-Anlagen zu erzeugen wirkt sich also positiv auf den Energiemix aus und erhöht den Anteil von Strom aus erneuerbaren Energien in Deutschland.


    Norwegischer Strom: unser Fazit

    Bild: Ökostrom think green
    Ökostrom aus Norwegen oder Deutschland? | © geralt / pixabay.com CC0

    Vor dem Hintergrund des Klimawandels werden vermehrt Tarife für echten Ökostrom abgeschlossen. Da Deutschland mit seiner Menge an hier produziertem Ökostrom den Bedarf im Land nicht decken kann, kommt ein Teil des Ökostroms über NordLink aus Norwegen.

    Je mehr Verbraucher sich für Ökostrom entscheiden, desto mehr wird sich der Anteil erneuerbarer Energien im deutschen Strommix erhöhen. Das „Problem” mit den Herkunftsnachweisen ist daher erstmal nicht dramatisch und zweitrangig.

    Wer allerdings die Energiewende und den Ausbau erneuerbarer Energien hierzulande wirklich aktiv voranbringen will, sollte Ökostrom mit echten Ökostromtarifen aus Deutschland kaufen. Nur dann kann der Strom in Zukunft zu 100 Prozent nachhaltig sein. Die Entscheidung, selbst aktiv zu werden und eine Photovoltaik-Anlage zu nutzen, kommt auch der Umwelt zugute. Beide Möglichkeiten sparen CO2 ein und tragen zur Energiewende bei.


    Zum Autor: Mike Kinder

    Mike Kinder - Autor Energieheld

    Mike Kinder hat einen Master of Engineering im Bereich „Energieeffizientes und nachhaltiges Bauen“ und ist seit 2017 in der Bau- und Sanierungsbranche tätig. Als zertifizierter Energieeffizienz-Experte für Wohngebäude setzt er sich leidenschaftlich für innovative und nachhaltige Sanierungslösungen ein.

    Wenn er nicht gerade für Energieheld schreibt, trägt er dazu bei, Ansätze zu entwickeln, um die Klimaziele im Gebäudesektor zu erreichen. Hier gelangen Sie zu Mikes LinkedIn Profil.