Flachdach begrünen: Vor- & Nachteile von Dachbegrünung
Von Mike KinderDas Flachdach begrünen ist neben den ästhetischen Aspekten auch auf technischer Ebene eine gute Wahl. Sie leistet einen wertvollen Beitrag zum ökologischen Bauen und schafft auf Ihrem Flachdach eine direkte Verbindung zwischen Natur und Architektur.
Im Folgenden erhalten Sie einen kurzen Überblick zu Vorteilen, zu den Aspekten, die bei einer Dachbegrünung bzw. einer extensiven Dachbegrünung zu beachten sind, sowie zum Aufbau. Zudem beschäftigen wir uns mit den verschiedenen Arten der Dachbegrünung und den Kosten, mit denen Sie rechnen müssen.
Flachdach begrünen: Grundsätzliches
Grundsätzlich lässt sich eine Dachbegrünung nicht nur bei einem Flachdach durchführen, aber grüne Steildächer sind eher eine Ausnahme. Im allgemeinen Sprachgebrauch ist eine Dachbegrünung also mit einer Flachdachbegrünung gleichzusetzen.
Das Flachdach zu begrünen bringt zwar einige Vorteile mit sich, wird häufig jedoch eher aus ästhetischen Gründen gewählt. Die höheren Kosten werden dabei gerne in Kauf genommen, um eine bestimmte Optik zu erzielen. Die ökologischen Aspekte sind zwar nicht zu vernachlässigen, aber mit Blick auf alle denkbaren Sanierungen gibt es durchaus wichtigere Maßnahmen.
Die Dachbegrünung stellt selbst beim Flachdach noch eher eine Ausnahme dar, denn meist sprechen die Kosten gegen diese Variante. Wer jedoch die Optik besonders schätzt und auch von weiteren Vorteilen profitieren möchte, macht mit einer Flachdachbegrünung nichts falsch. Gleiches gilt auch für Steildachbegrünungen.
Flachdach begrünen: Arten & Kosten
Extensive Dachbegrünung
Bei der extensiven Dachbegrünung handelt es sich um die einfachere und leichtere Variante, da der Aufbau nur etwa bei 10 bis 20 Zentimetern Höhe und bei 60 bis 250 Kilogramm Gewicht pro Quadratmeter liegt.
Die extensive Dachbegrünung beschränkt sich hauptsächlich auf Moose, Gräser und Kräuter, die aber auf der anderen Seite sehr pflegeleicht sind und nicht zusätzlich bewässert werden müssen.
Intensive Dachbegrünung
Die intensive Dachbegrünung steht der Natur am Boden in fast nichts nach. Aufbau und Gewicht sind deutlich höher (bis zu 2 Meter + 3 Tonnen Gewicht pro m²), aber dafür können auch ganze Bäume gepflanzt werden.
Mit einer aufwendigeren Begrünung steigt natürlich auch der Aufwand für Bewässerung und Pflege - ganz wie bei einem normalen Garten.
Flachdach begrünen | Höhe | Gewicht | Pflanzen | Kosten pro m² (mit Einbau) |
---|---|---|---|---|
extensiv | 10 - 20 cm | 60 - 250 kg / m² |
Moos, Gras, Kräuter | 31 - 62 € pro m² |
intensiv | 15 - 200 cm | 200 - 3.000 kg / m² |
Rasen, Stauden, Sträucher, Bäume | 62 - 125 € pro m² |
Die Kosten für das Flachdach begrünen hängen vom Aufbau des Flachdachs ab. Hierbei spielen die Neigung und die Höhe des Flachdachs, eventuelle Überstände und die verwendete Unterkonstruktion eine Rolle. In der Regel kostet die Flachdachbegrünung pro Quadratmeter zwischen 31 und 125 Euro, wenn sonst keine weiteren Arbeiten durchgeführt werden müssen.
Flachdach begrünen: Förderung
Das Flachdach zu begrünen wird öffentlich gefördert. Viele Kommunen bezuschussen diese mit 5 bis 20 Euro pro Quadratmeter oder übernehmen prozentuale Anteile der Kosten für die Dachbegrünung. Dazu gibt es in der Regel einen Höchstsatz, der je nach Stadt zwischen 750 und 5.000 Euro liegen kann.
Eine erste Anlaufstelle für weitere Informationen findet man eigentlich immer im örtlichen Rathaus. Darüber hinaus bieten die üblichen Programme vom BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) im Rahmen der Bundesförderung für Effizienz Gebäude (BEG) mit Einzelmaßnahmen (BEG EM) und der KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) weitere Möglichkeiten, um eine Dachbegrünung fördern zu lassen.
Wichtig ist da besonders der BAFA-BEG-Zuschuss, welcher für eine Dachsanierung in Anspruch genommen werden kann. Erreichen Sie inklusive aller Maßnahmen den vorgeschriebenen U-Wert (maximal 0,14 W/(m²K)), dann wird die Dachbegrünung als Teil der ganzheitlichen Dachsanierung mitgefördert. Die Förderhöhe liegt dabei bei 15 Prozent der maximal förderfähigen Kosten von 30.000 Euro. Mit einem individuellen Sanierungsfahrplan (iSFP) erhöht sich die Förderung auf 20 Prozent und die förderfähigen Kosten auf 60.000 Euro. Maximal können Sie also 12.000 Euro Förderung erhalten. Voraussetzung ist, dass Sie einen Förderantrag für eine Einzelmaßnahme erst stellen, wenn ein Handwerkerangebot unterschrieben wurde.
KfW Förderung
Neu seit 2024 ist der Ergänzungskredit für die Sanierung von Einzelmaßnahmen. Die maximale Kreditsumme liegt bei 120.000 Euro. Selbstnutzende Eigentümer mit einem maximalen zu versteuernden Haushaltseinkommen von 90.000 Euro pro Jahr erhalten außerdem eine Zinsvergünstigung. Diese liegt bei maximal 2,5 Prozent für die erste Zinsbindungsfrist bei 30 Jahren Laufzeit. Die maximale Zinsbindungsfrist liegt bei 10 Jahren.
Die bisherige Förderung der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW 430) kann für Einzelmaßnahmen nicht mehr in Anspruch genommen werden. Als Alternative stand bis 28.07.2022 der zinsgünstige KfW-Kredit 262 zur Auswahl. Dieser wurde jedoch im Rahmen der BEG Novelle 2022 eingestellt.
Es besteht allerdings auch die Möglichkeit, eine Einzelmaßnahme anteilig im Rahmen einer Komplettsanierung zum Effizienzhaus mitfördern zu lassen. Hierfür steht der KfW Kredit 261 mit Tilgungszuschuss bereit. In diesem Rahmen können Sie einen Kredit von bis zu 150.000 Euro mit einem Fördersatz von max. 45 Prozent, also 67.500 Euro erhalten.
Beim Neubau steht Ihnen übrigens das Programm KfW 297 mit einem Kredit von bis zu 150.000 Euro zur Verfügung. Bei der Finanzierung handelt es sich um stark zinsvergünstigte Kredite für die ersten zehn Jahre der Kreditlaufzeit. Im Gegensatz zum früheren Förderprogramm 261 sind keine Tilgungszuschüsse für die Finanzierung vorgesehen.
Institut | Programm | Art | Förderung |
BAFA | BEG EM | Zuschuss | 15 % der förderfähigen Ausgaben (zwischen min. 2.000 € und max. 30.000 € - also bis zu 4.500 €) + 5 % Bonus mit individuellem Sanierungsfahrplan (und 60.000 € förderfähigen Kosten - bis zu 12.000 €) |
KfW | Ergänzungskredit BEG EM | (Zinsgünstiger) Kredit | Kredit von bis zu 120.000 € + Zinsvergünstigung von max. 2,5 % (pro Wohneinheit) bei zu versteuerndem Brutto Haushaltseinkommen von max. 90.000 € |
KfW | KfW 261 (BEG WG) | Zinsgünstiger Kredit mit Tilgungszuschuss | Kredit von bis zu 150.000 € (Gesamtsanierung) mit Fördersatz von bis zu 45 %, max. 67.500 € (pro Wohneinheit) |
KfW | KfW 297 (BEG WG) | Zinsgünstiger Kredit | Kredit von bis zu 150.000 € |
Seit Anfang 2024 ist es wieder möglich, die Förderungen für BEG EM und BEG WG/NWG zu kumulieren. So können Sie manche Sanierungsmaßnahmen zur Erreichung eines Effizienzhausstandards anrechnen lassen, andere wiederum können Sie als Einzelmaßnahme fördern lassen. Eine Maßnahme darf nicht doppelt gefördert werden.
Flachdach begrünen: Vorteile & Nachteile
Ein begrüntes Flachdach bringt hauptsächlich Vorteile und nur wenige Nachteile mit sich. Es schützt die Dachabdichtung und verlängert die Lebensdauer der gesamten Baustruktur. Die Flachdachbegrünung wirkt dabei als Schutz vor Witterungsverhältnissen, sowie als Schall- und Wärmeschutz (Dämmung).
Das Haus bleibt im Sommer schön kühl und im Winter werden Heizkosten gespart. Darüber hinaus werden Abflüsse und Kläranlagen entlastet, weil das Regenwasser nicht sofort wieder abfließen muss. Die Flachdachbegrünung wirkt ebenfalls als natürlicher Filter für Staub und Schadstoffe. Zu den Nachteilen zählen die höheren Kosten und der Aufwand, falls doch mal aufwendigere Reparaturen am Dach anfallen.
Dachbegrünung | Vorteile | Nachteile |
---|---|---|
Extensive Begrünung |
Günstigere Lösung | Bewuchshöhe nur 10 - 20 cm |
Geringere Traglast notwendig | Schall- und Wärmeschutz schlechter als bei intensiver Begrünung | |
Schall- und Wärmeschutz | ||
Bindung von Feinstaub | ||
Intensive Begrünung |
Sehr guter Schall- und Wärmeschutz | Hohe Kosten |
Sehr gute Bindung von Feinstaub | Hohe Traglast notwendig (200 - 3.000 kg pro m²) | |
Lebensraum für vielfältige Pflanzen und Tiere |
Dachbegrünung: Aufbau & Statik
Eine Flachdachbegrünung besteht aus mehreren Schichten. Über die normale Dacheindeckung wird zunächst eine Wurzelschutzfolie verlegt. Um diese zu schützen, wird darauf ein Vlies installiert. Die Drainage, die danach aufgebracht wird, kann aus Schüttgütern, wie Lava, oder Kunststoffen bestehen.
Sie dient primär dazu, Wasser zu speichern. Schließlich wird die Grünfläche auf dem Flachdach mit Filtervlies und spezieller Systemerde fertig angelegt. Das Filtervlies verhindert, dass Feinteile aus der Erde die Drainage mit der Zeit verstopfen.
Quelle: © LVG Heidelberg / youtube.com
Statik und Genehmigung: Darf ich eine Dachbegrünung durchführen?
Grundsätzlich ist eine Dachbegrünung nicht genehmigungspflichtig, aber Sie müssen vorab mit einem Statiker klären, ob und welche Last das Dach tragen kann. Teilweise gehen diese Informationen schon aus den Bauunterlagen hervor, aber der Gang zum Experten schadet trotzdem nicht.
Der Statiker wird Ihnen genau sagen können, wie viel Erde aufgebracht werden darf (inklusive des Gewichtes von gespeichertem Wasser). Danach können Sie dann auch entscheiden, ob es lieber eine extensive oder eine intensive Begrünung werden soll.
Dachbegrünung: praktische Beispiele & Anwendungen
Die Dachbegrünung bietet viele praktische Anwendungsmöglichkeiten, von denen wir hier einige Beispiele präsentieren möchten. Die breiteste Nutzung gibt es logischerweise beim Flachdach, weil dieses im Vergleich zum Steildach problemlos beghbar ist.
Beispiel | Erläuterung zur Dachbegrünung |
---|---|
Urban Gardening / Farming | Auf intensiver und extensiver Begrünung können viele Gemüsearten angebaut werden. Obstbäume und größere Sträucher nur bei intensiver Variante möglich. |
Lebensraum für Bienen | Begrünung wird extra auf Bienen abgestimmt, um zusätzlichen Lebensraum in der Stadt zu schaffen. |
Ausgleichsflächen schaffen | Dachbegrünung kann als Ausgleichsfläche dienen, wenn andere Flächen für neue Bauten versiegelt werden müssen. |
Urban Gardening mit Dachbegrünung kombinieren
Immer mehr Menschen möchten heutzutage wieder wissen, wo ihre Nahrungsmittel herkommen oder ganz einfach lange Transportwege vermeiden. Beim Urban Gardening (also städtisches Gärtnern) werden ungenutzte Flächen in Städten genutzt, um Nahrungsmittel anzupflanzen - meist für Gemeinschaften von Selbstversorgern.
Besonders begrünte Flachdächer bieten hier ein riesiges Potenzial, das andernfalls vermutlich ungenutzt bleiben würde, denn allzu viele Freiflächen gibt es in Städten nun auch wieder nicht. Selbst bei extensiver und damit flacher Dachbegrünung kann zum Beispiel Gemüse angebaut werden. Eine intensive Begrünung bietet darüber hinaus noch mehr Möglichkeiten, um etwa Obstbäume anzupflanzen.
Lebensraum für Bienen und andere Tiere bieten
Unter dem Stichwort "Bienensterben" wird in den Medien viel über den schwindenden Lebensraum der heimischen Wildbienen diksutiert. Einige Hersteller bieten sogenannte Bienenweiden an, um bei einer Dachbegrünung speziell auf die Bedürfnisse dieser Lebewesen einzugehen und ihnen neuen Lebensraum zur Verfügung zu stellen.
Ausgleichsflächen mit einer Dachbegrünung schaffen
Besonders in Städten werden immer mehr Flächen durch Straßen, Parkplätze und andere Bauten versiegelt, sodass zumindest oberflächlich ein großer Teil der Natur an diesen Stellen verschwindet. Damit gehen auch für Menschen negative Konsequenzen einher, weil zum Beispiel größere Wassermengen bei Starkregen nur viel langsamer vom Boden aufgenommen werden können.
Eine sinnvoll gestaltete Dachbegrünung kann Ausgleichsflächen für den Boden, Pflanzen und Tiere schaffen. So entstehen kleine Biotope, die zumindest einen Teil der Probleme abfedern, die durch starke Bebauung im städtischen Raum entstehen. Vielerorts suchen Unternehmen händeringend nach neuen Ausgleichsflächen. Dachbegrünungen im großen Stil stehen dafür als gute Option zur Verfügung.
Quelle: © GreenCityeV / youtube.com
Dachbegrünung beim Steildach
Grundsätzlich sind auch Steildachbegrünungen realisierbar - sogar bei rund 35 Grad Neigung. Der Markt bietet hier vielfältige Möglichkeiten und Hilfkonstruktionen, die aber allesamt natürlich teurer als einfache oder überhaupt keine Dachbegrünungen sind. Größtes Augenmerk liegt in der Regel auf der Sicherung gegen Abrutschen.
Auch bei einem Steildach sind extensive und intensive Begrünungen möglich, obgleich die Bepflanzung bei sehr steilen Dächern eher auf Gräser und Büsche beschränkt sein wird. Hinsichtlich der Kosten sollten Sie mindestens 130 bis 150 Euro pro Quadratmeter einplanen.
Dachbegrünung: Wartung, Pflege & Instandhaltung
In den ersten vier Wochen nach der Errichtung sollte die extensive Dachbegrünung jede Woche bis zu 4 Mal gegossen werden, um das Anwachsen zu fördern. Danach genügt es, wenn Sie 1 bis 2 Mal pro Jahr das Unkraut auf Ihrem Flachdach jäten. Hierbei ist es zwingend erforderlich, Baumsamen von Birke oder Weide zu entfernen.
Die Pflege einer intensiven Begrünung hängt ganz von der Ausführung ab. Rasen, Hecken und Bäume können Ihnen viel Arbeit abverlangen, aber selbstverständlich ebenso viel Freude bereiten. Der ausführende Fachbetrieb wird Ihnen vermutlich einen genauen Pflegeplan für die Dachbegrünung zusammenstellen.
Zum Autor: Mike Kinder
Mike Kinder hat einen Master of Engineering im Bereich „Energieeffizientes und nachhaltiges Bauen“ und ist seit 2017 in der Bau- und Sanierungsbranche tätig. Als zertifizierter Energieeffizienz-Experte für Wohngebäude setzt er sich leidenschaftlich für innovative und nachhaltige Sanierungslösungen ein.
Wenn er nicht gerade für Energieheld schreibt, trägt er dazu bei, Ansätze zu entwickeln, um die Klimaziele im Gebäudesektor zu erreichen. Hier gelangen Sie zu Mikes LinkedIn Profil.